Anna Louisa Karsch: Gedichte (Ausgabe 1792)

Man nannte sie, dem Gebrauch der damaligen Zeit folgend, meist nur „die Karschin“. Das war nicht so negativ gemeint, wie es heute klingt. Auch Luise Adelgunde Victorie Gottsched, die Frau von Johann Christoph Gottsched, dem bekannten Literaturpapst seiner Zeit, wurde als „die Gottschedin“ bezeichnet. Christoph Martin Wieland nannte seine verheirateten Töchter nicht immer beim Vornamen,…

André Chénier: Poésies

Poésies: Das sind Dichtungen, also Lyrik, im vorliegenden Fall eines relativ Unbekannten, denn André Chénier (auch: André de Chénier) gehört nicht gerade zu den Autoren, die man üblicherweise im französischen (Schul-)Kanon antreffen wird, wage ich zu behaupten. Das hat verschiedene Gründe, die ich im Folgenden kurz aufzählen werde. Zunächst einmal ist André Chénier, anders als…

Siegfried Lenz: Florian, der Karpfen

Florian, der Karpfen wurde, wenn ich das richtig verstanden habe, in den 1950ern im Radio als Hörspiel (?) gesendet. Der Text ist dann verschollen, auch Lenz scheint sich nicht mehr an ihn erinnert zu haben. Erst jetzt, wie sein Nachlass nach und nach durchgesehen wird, ist er wieder aufgetaucht. Allerdings nicht als Hörspiel sondern in…

Pablo Neruda: niemals allein, mit dir

Wenn ich das richtig sehe, wurde diese Zusammenstellung von Liebesgedichten des chilenischen Autors Pablo Neruda dieses Jahr (2023) speziell für die Büchergilde zusammengestellt. (Der Titel stammt dabei aus einem der Gedichte, die in der Sammlung stehen. Das Komma ist dabei wichtig; das lyrische Ich wird nicht vom Du nie in Ruhe, nie allein gelassen sondern…

Leconte de Lisle: Poèmes barbares

Barbarische Gedichte – damit ist nicht Lyrik gemeint, die schlecht gefügt ist, brutale bzw. unanständige Themen präsentiert oder was wir auch immer an Negativem mit dem Wort ‚barbarisch‘ verbinden. Im Gegenteil: Auch wenn Leconte de Lisle manchmal (selten!) den Reim etwas erzwingt (zum Beispiel ein kurzes ‚o‘ auf ein langes reimt), so sind hier doch…

Juvenal: Satiren

Difficile est satiram non scribere panem et circenses mens sana in corpore sano rara avis Sed quis custodiet ipsos custodes? Probitas laudatur et alget Das sind alles Zitate aus Juvenals Satiren, die noch heute verwendet werden, oft ohne sich des Urhebers zu erinnern. Über den Autor wissen wir nicht viel mehr als über Persius. Eine…

Persius: Satiren

Von Aulus Persius Flaccus ist sehr wenig überliefert – sowohl, was sein Werk betrifft wie sein Leben. Er war etruskischer Abstammung und lebte von 34 bis 62 u.Z., starb also sehr jung. Er war mit dem Stoiker Lucius Annaeus Cornutus befreundet, über den wir aber auch nicht mehr wissen, außer, dass er nach Persius’ Tod…

Dorothy Parker: denn mein herz ist frisch gebrochen

Im Grunde genommen verwendet Dorothy Parker die gleiche Methode wie Jane Austen, wenn es darum geht, ihre Kritik zu formulieren am Patriarchat (um einmal dieses Schlagwort zu verwenden für den ganzen Komplex an sozialen, ökonomischen und gesellschaftlichen Benachteiligungen, denen Frauen bis heute ausgesetzt sind): Sie streut eine feine Schicht von Ironie über ihre Texte. Eine…

Horaz: Satiren

Reemtsma hat in seiner Wieland-Biografie (s. unser Aperçu von gestern) nicht nur Wielands eigene Produktionen ausführlich vorgestellt, sondern auch dessen Übersetzungen. Bei der Lektüre hat dann in meinem Hinterkopf ein Lämpchen zu glühen begonnen, das zwar schon früher hin und wieder geflackert hat, aber dieses Mal bin ich der Sache nachgegangen und habe in meinen…