Deppenapostroph, der:

Auch Apostrophitis, bezeichnet die unzulässige Verwendung desselben (ohne vorangehenden Deppen) – nebst Ausnahmen, welche v. a. Eigennamen umfassen. Fischer’s Fritz wäre unter Umständen zu tolerieren, wenn nämlich Fritz nicht der Sohn eines haupt- oder nebenberuflichen Fischers wäre, hingegen der eines Vaters mit dem Nachnamen Fischer. Usf. In der älteren Literatur war der nun teilweise wieder in Amt und Würden befindliche D. vom Geheimrat bis Thomas Mann durchaus üblich. (Wobei: Mit des Geheimrats Orthographie war es ohnehin nicht zum Besten bestellt, ein Olympier kümmert sich um derlei Kleinigkeiten nicht.)

Der Depp vor’m Apostroph bezieht sich auf den Benutzer. Ursprünglich. Vielleicht manchmal mit Recht, auszuschließen ist das nicht. Sehr viel öfter aber kann derjenige Anspruch auf dieses Beiwort erheben, welcher da aufzudecken und sich sprachpuritanisch zu gerieren beschlossen hat. Diese Art des Profilierungsneurotikers wurde in Prä-Internetzeiten durch den Beruf des Lesebriefschreibers abgedeckt, welcher, halb- oder ganzakademischen Zuschnitts, häufig pensioniert, noch häufiger frustriert, mangels Selbstwertgefühl zum Entschluss gelangte, nicht nur seiner besseren Hälfte, sondern auch den Lesern der Lokalzeitung auf die Nerven zu gehen.

Heute nun surft sich dieser Typus die Finger wund, sucht auf der Wikipedia nach falschen Jahreszahlen (und schreibt mit breiter Brust in allen ihm zugängigen Foren Beiträge über die Unzuverlässigkeit dieser Seite), scannt den Kulturteil der Tageszeitungen, um sich bei Entdeckung falscher Geschichtszahlen oder ungenauer historischer Angaben vor Freude einzunässen. Wobei das Ganze mit einem formidablen Minderwertigkeitskomplex, einer nicht eingestandenen Bewunderung öffentlichen Tuns und Treibens einhergeht: Denn erst durch den Halbglauben an die Unfehlbarkeit von Kultur- und anderen Redakteuren kann die Freude gar so groß sein, wenn irgendwo Fehler zu monieren sind. Im Grunde reckt Klein-Maxi bloß den Finger und wünscht sein Selbstwertgefühl zurückerstattet zu bekommen: Bitte, bitte, der darf in einer Zeitung schreiben und hat doch auch keine Ahnung. Auch! Sic!

s.

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