Jean Paul: Der Komet

Der Komet war Jean Pauls letzter grosser Roman. Auch dieser unvollendet. Das lag zum Teil sicher an Jean Pauls Lebensumständen, dem Tod seines Sohnes Max, seiner zunehmenden Erblindung. Aber auch dieser Roman war wohl von Anbeginn zum Embryo verurteilt. Dabei holt Jean Paul noch einmal richtig aus. Der Komet ist die Geschichte eines reich gewordenen Bürgers, der sich, da seine Familie ihn glauben macht, er sei der illegitime Sohn eines Grafen, selber zum Grafen kürt; es tut es ja sonst keiner. So macht er sich auf die Reise, auf die Suche nach seinem angeblichen gräflichen Vater. Er wird nicht zum Ziel kommen, und das hat nicht nur die oben genannten Gründe in Jean Pauls Lebensumständen. Der Zwiespalt zwischen Bürgertum und Aristokratie, den Jean Paul immer wieder anspricht: Er ist im Deutschen Reich der Metternich’schen Restauration nicht lösbar. Natürlich kann sich Jean Paul als “Jean Paul” in seine eigene Geschichte einführen und ebenfalls zum illegitimen Sohn eines imaginären Fürsten machen. Natürlich wird die Annäherung an die Aristokratie erleichtert, wenn man in ausreichendem Masse Gold herstellen kann – sei es durch eine geheimnisvolle Apparatur wie der Held des Kometen, sei es durchs Schreiben von Büchern. Aber der junge Kandidat Richter, auf den wir auch in diesem Roman treffen, wird zwar früh eingeführt, spielt aber im Grunde genommen nur die Rolle eines weiteren Statisten um den reichen Apotheker-Grafen. Der nun wiederum gilt als verrückt; und nur diese Mischung aus Geld und geistiger Unzurechnungsfähigkeit lässt ihn das Stadttor von Lukas-Stadt passieren. Er will dort über eine vermeintliche Freundin Kontakt zu seiner vermeintlichen Jugendgeliebten, einer Adligen, aufnehmen. Er scheitert – und der Roman bricht ab.

Wie immer bei Jean Paul: Er ist gerade dann am besten, wenn er, oberflächlich gesehen, scheitert, abbricht. Während die Flegeljahre noch so etwas wie ein Notdach hatten, einen einigermassen abgerundeten Schluss, wird hier der Leser ganz im Regen stehen gelassen. Aber das erst macht aus der Parabel, aus dem Märchen triste Realität. Und wie immer bei Jean Paul lohnen alleine die Nebenfiguren eine Lektüre.

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