Barthold Heinrich Brockes: Hrn. B. H. Brockes, Lti, Com. Palat. Caes. und Raths⸗Herrn der Stadt Hamburg, und Amtmanns zu Ritzbüttel, Irdisches Vergnügen in GOTT, bestehend in Physicalisch⸗ und Moralischen Gedichten, nebst einem Anhange verschiedender, dahin gehöriger Uebersetzungen. Zweyter Theil.

Teilband 2 des zweiten Bands der im Wallstein-Verlag erscheinenden historisch-kritischen Brockes-Ausgabe enthält – neben den Anmerkungen, Lesarten etc. zum gesamten Band – den originalen Zweyten Theil des Irdischen Vergnügens in Gott.

Teilband 2 ist als Ganzes schmaler als Teilband 1. Wenn wir davon dann noch ungefähr einen Viertel historisch-kritischen Apparat abziehen, lässt sich leicht ausrechnen, dass der zweite Teil des Irdischen Vergnügens in Gott bedeutend schmaler ausgefallen ist als der erste. Entsprechend lässt sich auch weniger darüber sagen.

Über den Teil der kritischen Anmerkungen, der Erläuterungen etc., möchte ich sowieso eigentlich keine Worte verlieren. So weit ich das nach flüchtigem Durchsehen beurteilen kann, wurde diese Arbeit vom Herausgeber, Jürgen Rathje, und seinem Team sauber und korrekt erledigt. Ich habe jedenfalls in den Anmerkungen jede von mir gesuchte Information auch gefunden. Für eine genauere Beurteilung müsste ich selber zum Brockes-Spezialisten werden, aber mich interessiert bei Brockes vor allem sein Monumental-Gedicht Irdisches Vergnügen in Gott.

Der Zweyte Theil ist hier nach der Ausgabe von 1739 wieder gegeben. Es fällt beim Lesen sofort auf, dass der Physikotheologe Brockes in diesem Teil die Theologie zugunsten der Physik vernachlässigt, das Moralische zugunsten des Physicalischen. Will sagen: Die oft plumpen moralischen-theologischen Nutzanwendungen, die Brockes im ersten Teil seinen Natur- und Gartenbeschreibungen beigab, sind bedeutend rarer geworden. Oder sagen wir zumindest: weniger aufdringlich. Es ist, als ob Brockes das Gefühl habe, im ersten Band seiner Pflicht Genüge getan zu haben, im ersten Band sich zur Genüge dafür gerechtfertigt zu haben, dass ein gesetzter und wohlbestallter Hamburger Ratsherr in seiner Freizeit einfach so dichtet, einfach so Freude an der Natur hat. Im zweiten Band jedenfalls überlässt er sich viel mehr dieser Freude.

Jetzt gliedert Brockes seine Freude an der Natur nach den vier Jahreszeiten, beginnend mit dem Frühling. Die ganz grossen Sachen, für die Brockes zumindest unter Insidern bekannt geblieben ist, fehlen hier. Der Verzicht auf moralische Nutzanwendungen scheint einher zu gehen mit dem Verlust lyrischer Qualität. Vor allem die Frühlings-Gedichte aber überraschen immer wieder damit, wie Brockes eine einzelne Blume (bzw. Blumenart) im Detail zu beschreiben beginnt, wo er dann sehr präzise farbliche Bestimmungen und Unterschiede hervorbringt. Man könnte sagen: Brockes zeichnet mit seinem Worten.

Die Übersetzungen zum Abschluss des zweiten Teils sind weniger interessant als die des ersten. Da ist die eine oder andere Übersetzung von Bibel-Texten, dann Übersetzungen aus englischen oder französischen Zeitschriften. Die satirische Ader, die Brockes sonst gern bei Übersetzungen auszuleben pflegt, hat sich im zweiten Teil des Irdischen Vergnügens in Gott ebenfalls zurück gezogen. Eigentlich schade.

Nun, warten wir auf die weiteren Teile.

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