Ray Bradbury, 22. August 1920 – 5. Juni 2012

Mit Ray Bradbury ist am 5. Juni der wohl letzte grosse Vertreter des Silbernen Zeitalters der US-amerikanischen Science Fiction verstorben. (Das Silberne Zeitalter sind für mich die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts; das Goldene war rund eine Generation vorher, ungefähr in den 30er Jahren.)

Ray Bradbury ist für mich der Meister der Atmonsphäre – einer leicht zauberischen, duftigen Atmosphäre, wie sie von der Werbung für Luftreinigungssprays in Bad und WC so ungeschickt propagiert wird. Er ist kein typischer Science-Fiction-Autor wie Heinlein, Asimov oder auch der einer andern Tradition entstammende Lem und hat sich meines Wissens auch nie als solcher verstanden. Technische Gadgets waren seine Sache nicht; seine Zukunft war im Grunde genommen mit denselben technischen Mitteln ausgerüstet wie seine Gegenwart. In Fahrenheit 451 sind die TV-Bildschirme etwas grösser, das Programm interaktiver – aber damit hat es sich auch schon. Die Bücher sind immer noch aus Papier, und die Feuerwehr zündet sie mit Kerosin an. In den Mars-Chroniken sind es die klassischen Raketen der 50er Jahre, einfach ein bisschen kräftiger, die die Menschen zum Mars transportieren. Und das Ende der Erde wird mit Atombomben herbeigeführt.

Ich habe wenig von Bradbury gelesen – ausser den beiden oben genannten Büchern noch eine weitere Sammlung von Kurzgeschichten, deren Titel ich vergessen und die ich entweder einmal entsorgt oder bei einem Umzug verloren habe. Denn die zauberische Atmosphäre ist eines, und ich kann solche nachgerade lyrischen Texte sehr geniessen. Aber wenn es darum geht, einen längeren Zusammenhang, einen richtigen Plot, zu verfassen, stösst Bradbury an seine Grenzen. In Fahrenheit 451 wird eine junge Frau eingeführt, um dann einfach verloren zu gehen (Bradbury lässt sie überfahren werden …), in den Mars-Chroniken, die ja sowieso als Sammlung von Kurzgeschichten über mehrere Jahre hinweg entstanden ist, sind die Mars-Bewohner recht unterschiedlich charakterisiert – mal als ziemlich selbstbewusst und aggressiv, dann wieder als friedliche Wesen, die dem Erdmenschen einfach so zum Opfer fallen. Ausserdem sieht Bradbury das Heil für die Welt in der konservativen, recht patriarchalisch geordneten Welt, wie sie für ein US-amerikanisches Provinzkaff in seiner Jugend typisch gewesen sein muss. Er schildert diese Welt wunderschön, aber es ist letzten Endes nicht meine, nie meine gewesen. Und so verlasse ich Bradbury jeweils sehr rasch wieder, mit einem leichten Kopf, wie wenn ich Haschisch geraucht hätte – wohl wissend, dass ich in meiner wirklichen Welt nun keinesfalls Auto fahren darf.

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