Oskar Loerke: Der Oger

Als erstes möchte ich meiner Freude Ausdruck geben darüber, dass es noch immer Institutionen gibt, die dafür besorgt sind, dass auch ältere Literatur jenseits des gerade gültigen Kanon wieder aufgelegt und so neuen Generationen zugänglich gemacht wird. Und meiner Freude darüber, dass es noch immer Verlage gibt, die (auch) solche Werke auf den Markt bringen….

Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne

Ob nun Albert Bitzius den Schriftsteller mehr beeinflusste oder Jeremias Gotthelf den Pfarrer, bleibe dahin gestellt. Tatsache ist, dass Jeremias Gotthelf eigentlich immer Parabeln verfasste des Inhalts, dass nur ein gottgefälliges Leben auch Glück und Segen bringe – und dies auch im materiellen Sinn. Ein lasterhaftes Leben (was auch schon den Genuss von zu viel…

Sigrid Undset: Kristin Lavranstochter. Der Kranz

Unter den Büchern meines Vaters befand sich auch dieses hier. (Nehme ich jedenfalls an; an den Buchrücken mit dem Titel Kristin Lavranstochter und den Namen Sigrid Undset der Verfasserin erinnere ich mich sehr gut. Ob es sich allerdings wirklich um den ersten Band von Undsets Trilogie gehandelt hat, kann ich nicht mehr sagen.) Ich habe…

Robert Musil: In Zeitungen und Zeitschriften III. Unselbständige Veröffentlichungen 1925-1938

Sobald ein Autor / eine Autorin ihr neuestes Werk – sei es zwischen zwei Buchdeckeln, sei es hinter einem Icon einer elektronischen Datei – der Öffentlichkeit übergeben haben, geschieht etwas Seltsames: Es beginnt, ein eigenes – nein, nicht Leben – aber eine eigene Daseinsform zu entwickeln. Es gleicht einem Brocken Lava, der getrennt vom großen…

C. F. Ramuz: Derborence

Derborence ist heute ein Naturschutzgebiet. Es liegt im Kanton Wallis, im französischsprachigen Teil, aber nahe an der Grenze zum deutschsprachigen Oberwallis. Es war aber nicht immer diese karge Wüste von riesigen Felsbrocken, die wir heute finden, kaum durchsetzt von ein paar Nadelbäumen und hin und wieder einem kleinen Fleck Wiese, auf der gerade mal ein…

Hans-Dieter Rutsch: Der Wanderer. Das Leben des Theodor Fontane

BiografInnen essen wahrlich hartes Brot. Zunächst müssen sie, um von ihrer Arbeit leben zu können, ein Thema (sprich: einen Lebenslauf) finden, der genügend Publikum anspricht. Wenn der oder die Biografierte in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist, müssen sie dafür sorgen, dass ihr Buch durch andere Qualitäten genügend auffällt, damit die Literaturkritik es entsprechend rühmt und…

Johann Peter Hebel: Gedichte und frühe Schriften (1776-1801)

Für Johann Peter Hebel habe ich eine eiserne Regel meiner kleinen Bibliothek gebrochen, die da lautet: Wenn du bereits eine brauchbare und einigermaßen gut aussehende Ausgabe eines Autors oder eines Werks hast, kaufe keine zweite! (Und falls du es doch tust, entsorge zumindest die erste!) Denn als ich gesehen habe, dass bei Wallstein eine Hebel-Werkausgabe…

Hermann Burger: Lokalbericht

Meistens hat der Autor einen guten Grund, wenn er ein fast beendetes Werk liegen lässt und nie mehr fertig schreibt. Lokalbericht war Hermann Burgers erster Roman; er schrieb an ihm zwischen 1970 (damals war er 28) und 1972. Veröffentlicht wurde er erst 2016, aus dem Nachlass. Meistens hat auch der Leser einen guten Grund, wenn…

Hermann Burgers “Brenner” – Heimatroman? Autobiografie? Sachbuch?

Um es vorweg zu nehmen: Brenner ist meiner Meinung nach einer der ganz grossen Romane der Weltliteratur, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Es ist der letzte Roman, den Hermann Burger in seinem kurzen Leben zu Ende geschrieben hat. Das heisst, beendet hat er den ersten Band von einer Tetralogie, Brunsleben. Von…

C. F. Ramuz: Die große Angst in den Bergen [La grande peur dans la montagne]

Wir müssen ungefähr 18 oder 19 gewesen sein, als unser alter Französischlehrer am Gymnasium mit uns Dérborence lesen wollte. Es endete im Disaster. Der Lehrer nahm dann ein Sabbatical, und die junge Stellvertreterin las mit uns lieber Le petit prince. Die Lektüre von Ramuz wurde nach nicht einmal der Hälfte des Romans stillschweigend beendet. Lange…