Heidelberg

Vor Jahren war ich schon mal hier – was entschuldigen mag, dass ich die ‘klassischen’ Heidelberger Sehenswürdigkeiten wie Schloss oder Hölderlin-Turm heute alle weggelassen habe. Das letzte Mal allerdings war ich in einer Reisegruppe unterwegs; heute bin ich alleine hier. Schon die Begrüssung der Heidelberger war allerliebst: Als ich im beginnenden Feierabend-Verkehr von rechts in eine dreispurige Strasse kam, wo ich dann gleich wieder links abbiegen sollte, um zu meinem Hotel zu kommen, aber die mittlere der drei Spuren, über die ich fahren musste, durch geschickt koordinierte Ampeln blockiert war, und ich deshalb meinerseits die rechte Spur blockierte, wurde ich gleich mit einem Hupkonzert von hinten begrüsst. (Ich habe später festgestellt, dass das nicht persönlich gemeint war: Die Heidelberger Autofahrer hupen immer. Ich nehme an, sie begrüssen so ihre Freunde.)

Der Grund meines Hierseins ist das sog. Literaturcamp 2017, das heuer zum zweiten Mal stattfindet, und u.a. von Susanne Kasper von Literaturschock organisiert wird. Ein Literaturcamp ist ein Barcamp, und ein Barcamp ist eine Art (wie man so schön sagt) basisdemokratische Veranstaltung, wo unter Gleichgesinnten und Gleichberechtigten eine Art Symposium veranstaltet wird. Jeder hat das Recht (eigentlich, wenn ich das richtig verstanden habe, sogar die Pflicht), einen Beitrag in Form eines Referats oder etwas ähnlichem zu leisten. Ein Literaturcamp findet demzufolge unter Literaturblogger statt. Morgen soll es beginnen; ich bin gespannt.

Unterdessen wollte ich heute natürlich noch etwas essen und die Heidelberger Altstadt anschauen. Zwar hatte das Literaturcamp sogar eine Führung organisiert, aber ich mag Führungen je länger desto weniger – ich bin im eigentlichen Sinne des Wortes ein Einzel-Gänger. Um aber sicher zu sein, dass ich in die richtige Richtung marschiere, und weil das Tourist-Office gleich um die Ecke ist, bin ich schnell dort eingekehrt, um nach dem Weg in die Altstadt zu fragen. Die gute Dame dort kann offenbar so gut erklären, wie ich Karten lesen; jedenfalls bin ich um ca. 45° in die falsche Richtung losmarschiert. Schliesslich habe ich dann doch – ziemlich hungrig und vor allem durstig – die Altstadt gefunden und bin gleich beim ersten akzeptabel aussehenden Restaurant eingekehrt. Nachdem die Kellnerin zweimal an mir vorbei marschiert war, ohne mich zu beachten, habe ich sie dann aktiv angesprochen und gefagtr, ob ich etwas zu essen und zu trinken bestellen könnte. Je nun: Mein Tisch sei nicht in ihrer Zuständigkeit. Der Satz genügte, um mich wieder daran zu erinnern, in welchem Land ich aktuell bin. (Ich kenne nur zwei Länder, in denen Tische bzw. die daran sitzenden Gäste in jemandes Zuständigkeit fallen: Deutschland und die Schweiz.) Da ich aber auf Grund der Hautfarbe meiner Kellnerin behaupten möchte, dass nicht alle ihre Vorfahren schon seit Jahrhunderten in Deutschland gelebt haben, liess sie sich tatsächlich dazu erweichen, meine Bestellung aufzunehmen und sie mir auch zu servieren. Sie hat mich vor dem Verdursten gerettet; mein ewiger Dank bleibt ihr sicher. Das Essen an sich war nicht übel; das lokale Bier ebenfalls nicht (auch wenn ich es nicht als Spitzenprodukt seiner Art einstufen möchte – die Deutschen verbauen sich mit ihrem Reinheitsgebot, auf das sie so stolz sind, jede Chance, ein modernes, gutes Bier zu brauen: es schmeckt alles mehr oder minder gleich).

Dass ich auch auf dem Rückweg ins Hotel einen Umweg gemacht habe, versteht sich bei mir von selber. Dass ich mich mit Heidelberg nicht so ganz anfreunden konnte bisher, wohl auch. Da muss von Seiten Heidelbergs noch etwas geschehen. Allerdings habe ich auf dem Rückweg ein paar Restaurants gesehen, die ziemlich interessant ausschauen. Die Versuchung ist gross, das Literaturcamp sausen zu lassen, und dafür einige Speisekarten genauer zu studieren.

Wir werden sehen.

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