Strindberg hat in „Am offenen Meer“ keinen Übermenschen dargestellt, sondern eine schizoide Persönlichkeit. In diese Richtung ist auf der Kontakt zu Nietzsche zu verstehen (hatte Nietzsche nicht zu der Zeit des Schriftverkehrs mit Strindberg um 1889/90 seinen Zusammenbruch?). Als ich den Roman jüngst gelesen habe kam ich einfach nicht voran. Für 30 Seiten brauchte ich nahezu 2 Stunden, da ich mich ständig in inneren Dialogen verloren habe. Warum, merkte ich, als Borg seine Verlobte wieder los werden wollte. Das Verhalten kam mir bekannt vor. Danach habe ich alles vorangegangene unter dem Aspekt einer schizoiden Störung neu gewertet und fast 1:1 mich selbst erkannt. Der Hang zu Tätigkeiten, die man alleine machen kann. Dass Borg selbst die monotonsten Aufgaben mit stoischer Ruhe erledigt hat kenne ich ebenfalls (habe einst innerhalb von 1 1/2 Jahren 80.000 Bücher für die Firmenbibliothek sortiert und katalogisiert). Auch der Versuch, menschliches Verhalten wisenschaftlich zu erklären, entspricht einer schizoiden Persönlichkeit. Menschen zu ordnen. Kein Verständnis für das Menschsein, da man selbst keine Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt hat. Menschen sind böhmische Dörfer. Auch die Ambilvalenz, eine Frau zu suchen, zu gewinnen und dann abzulehnen, weil sie die bisherige Lebensordnung durcheinanderbringt, ist sehr gut dargestellt. Tatsächlich habe ich eine Frau auch schon wie Borg „übergeben“. Und ebenso wie Borg habe ich irgendwann die Menschen und das Leben aufgegeben, mich bewusst der Wissenschaft und dem Kenntnisgewinn versagt. Dumm lebt es sich einfach ruhiger. Nun bin ich nicht mit dem Boot aufs offene Meer hinaus gefahren. Allerdings schwimme ich im Sommer gerne bei Sturm nachts aufs Meer hinaus bis die Beine taub werden und lasse mich von den Wellen zurück tragen.
Liest man den Roman so wie du, dann ist er tatsächlich nicht zu gebrauchen. Liest man ihn unter dem Aspekt der Beschreibung einer schizoiden Persönlichkeit, dann ist er ein Meisterwerk.