Es mag sich zwar um Vorurteile handeln, aber in diesem Fall sind sie leider nicht unberechtigt. Ich wohne ja gerade in diesem von Kuh abfällig beurteilten Bereich und anhand der Ergebnisse zur Bundespräsidentenwahl konnte man genau das feststellen, was Kuh monierte: Hier am Land (Zweitwohnsitz) hat der nationalistische Kandidat über 70 % erhalten, während in Graz über 60 % für den linksliberalen Kandidaten waren. Eine Verteilung, die in ganz Österreich ungefähr dieselbe war: Alle größeren Städte haben gegen den Rechtspopulisten gestimmt (und das trotz der dort viel virulenteren Probleme bezüglich der allgegenwärtigen Flüchtlinge, die ein Hauptwahlkampfthema waren).

Meine sehr spärlichen Kontakte mit der Landbevölkerung hier bestätigen all diese Vorurteile: Hier wird noch offen von einem Hitler gesprochen, unter dem doch nicht alles schlecht gewesen sei, von Negern, die man so plötzlich nicht mehr nennen dürfe (dies von einem politischen Vertreter der ÖVP, also noch nicht einmal der rechtspopulistischen FPÖ), von der Notwendigkeit, es „denen da oben“ zeigen zu müssen – und zwar dadurch, dass man für einen starken Mann stimmt, der mit diesem Klüngel aufräumt. (Bei der Lektüre der Hitler-Biographie von Longerich bin ich immer wieder auf Passagen gestoßen, die von den verschiedensten Politikern in Österreich, Deutschland, Frankreich oder den USA – usf. – übernommen werden könnten. Und diese ignorante Dummheit ist auf dem Land einfach größer, man ist anfälliger für einfältige Parolen, „einfache“ Lösungen. Daran hat sich seit der Zwischenkriegszeit und Kuhs Feststellungen offenbar nichts geändert.) Und es ist gerade diese Dummheit, die hilflos macht: Gegen sie streiten nach Schiller auch die Götter vergebens.