Bezeichnet in der Chemie einen Stoff, der die Reaktionsgeschwindigkeit durch die Senkung der Aktivierungsenergie einer chemischen Reaktion erhöht, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.
Bezeichnet im Literaturbetrieb jene Menschen, die als Mittler zwischen den Literaturproduzenten (Autoren und Verlagen) und den Literaturkonsumenten (Lesern) stehen. Katalysatoren werden – wenn es sich nicht um Starkritiker handelt – oft und gern übersehen. Zwei Todesfälle haben diese Gattung in den letzten Tagen aber wieder etwas ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.
Harry Rowohlt, gestern gestorben, war einer der grossen Übersetzer und Vorleser im deutschen Sprachraum. Ich habe ihn erst spät zur Kenntnis genommen, was daran liegt, dass ich selten Lesungen besuche, und Rowohlt aus dem Englischen übersetzt hat, das ich meist im Original lese – so, von dem Bekanntesten, das er übersetzt hat, Winnie-the-Pooh. Einzig das im Neu-Antiquariat erworbene Golden Hours – Die goldenen Stunden des Myles na gCopaleen von Flann O’Brien steht in meiner Bibliothek. Dass ich das Büchlein aus dem Haffmans-Verlag im Neu-Antiquariat fand, zeigt, wie wenig Interesse – ausser Winnie-the-Pooh – Rowohlts Übersetzungen oft fanden, verweigerte sich der Sohn von Ernst Rowohlt und Halbbruder von Heinrich Maria Ledig-Rowohlt doch gern dem Mainstream.
Beim anderen kürzlich verstorbenen Katalysator handelt es sich um Wolfgang Jeschke. Obwohl selber auch Autor von Science-Fiction-Romanen, hat er sich dem Publikum vor allem als Katalysator verdient gemacht. Allerdings war seine Rolle nicht die eines Übersetzers oder Vorlesers. Jeschke hat über Jahre das Science-Fiction-Programm des Heyne-Verlags redaktionell und als Herausgeber betreut. Jedenfalls ist er mir in dieser Rolle in die Augen gefallen, als ich – ein junger Mann damals – mich von diesem Genre einlullen liess. Schon bald hatte selbst ich Grünschnabel bemerkt, dass, wo Wolfgang Jeschke drauf stand, Qualität drin war. Das übrige Programm von Heyne war für mich praktisch unbrauchbar, auf Jeschkes Herausgeberschaft konnte ich mich verlassen – jedenfalls, so lange ich Science Fiction las.
Ich habe Science Fiction dann jahrelang links liegen gelassen, irgendwann dann mal gemerkt, dass Jeschke offenbar nicht mehr als Herausgeber für Heyne fungierte, was mein Interesse am Genre zusätzlich minderte, fehlte mir doch nun der Führer und Garant für gute Literatur.
Beiden, Jeschke wie Rowohlt, tut man wohl Unrecht, wenn man sie auf ihre Rolle als Katalysatoren reduziert. Doch selbst im Literaturbetrieb ist das Leben selten gerecht.
Ich habe – nebenbei gesagt – weder mit Harry Rowohlt noch mit Wolfgang Jeschke je persönlichen Kontakt gehabt. Rowohlt habe ich an der Frankfurter Buchmesse 2014 durch eine Halle gehen sehen – jedenfalls glaube ich, dass es Frankfurt war und dass es Harry Rowohlt war. Eine seiner Lesungen habe ich nie besucht. Im Gegensatz zu andern Bloggern, wie z.B. Frank Duwald, hatte ich auch mit Wolfgang Jeschke keinen Kontakt – nicht einmal brieflichen. Was nur beweist: Katalysatoren haben eine Wirkung, weit hinaus in eine Leserschaft, die sich der Gegenwart dieser Katalysatoren vielleicht nicht einmal immer bewusst ist. Erst ihr definitives Verschwinden macht, dass die Leser sich deren Existenz bewusst werden.