Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Schweizer Literatur-Institutionen zu bescheiden sind. (Oder fehlt es ihnen an Ressourcen? Ist es ihnen einfach egal?) Denn während uns von Deutschland her schon seit Mitte des Jahres 2024 der 150. Geburtstag Thomas Manns um die Ohren gehauen wird, selbst der ebenfalls 150. Rilkes nicht vergessen wurde, habe ich bisher…
Aperçus
Hans Albert: Kritik des theologischen Denkens
Die Geduld und Akribie, mit der sich Hans Albert theologischen (und verwandten) Denkmustern widmet, sie analysiert und ihre inneren Widersprüchlichkeiten aufzeigt, ist bewundernswert. Tausende Seiten zur Verteidigung des abenteuerlichsten, religiösen Stumpfsinns, dazu der unsägliche Jürgen Habermas mit seinem „nachmetaphysischem Denken“ (das allerdings weder dümmer noch klüger ist als seine mit Karl-Otto Apel entwickelte Transzendentalpragmatik) –…
Friedrich Schiller: Über Anmut und Würde
Ueber Anmuth und Würde (so die Original-Rechtschreibung der Zeit) war Friedrich Schillers erste Auseinandersetzung mit dem Problem des Zusammenhangs zwischen Ethik und Ästhetik Sie erschien 1793 in seiner eigenen Zeitschrift Neue Thalia. (Es scheint, dass Schiller gerne neue Zeitschriften gründete, um darin seine theoretischen Werke unterbringen zu können …) Eine ursprünglich geplante weitere und genauere…
Thomas Mann: Joseph und seine Brüder. Joseph, der Ernährer
Auch wenn Buch IV von Joseph und seine Brüder nunmehr im US-amerikanischen Exil verfasst wurde, darf man getrost feststellen: Thomas Mann hat nichts von seinem Können verloren. Noch immer schreibt er mit demselben ironischen Grundton an Josephs Geschichte, und noch immer bringt er es zustande, dass uns Lesenden der Mund vor Staunen offen bleibt, weil…
Novalis: Hymnen an die Nacht
Seine Hymnen an die Nacht waren der einzige längere Text, den Novalis zu Lebzeiten fertig stellen und veröffentlichen konnte. Sie erschienen noch in der letzten Nummer des damaligen Sprachrohrs der Frühromantik, der Zeitschrift Athenäum. Außerdem existiert eine handschriftliche Version, die eine von der endgültigen Veröffentlichung zwar abweichende Form aufweist. Die meisten Abweichungen sind aber winzig….
Lord Dunsany: The Gods of Pegāna
Ohne Dunsany kein Lovecraft und ohne Pegāna kein Cthulhu. Darin sind sich alle Geschichtsschreibungen der phantastischen Literatur einig – Lovecraft inklusive. Das stimmt natürlich, tut aber, wenn wir das so stehen lassen, dem Können und dem literarischen Gewicht von Edward John Moreton Drax Plunkett, 18th Baron Dunsany Unrecht, weil es ihn zu einem Vorläufer abstempelt, dessen…
Lukian: Die Toten / Die Lahmen / Die Narren
Rund ein halbes Jahr nach dem ursprünglich auf der Homepage versprochenen Termin ist Band IV der neuen zweisprachigen Lukian-Ausgabe in der Sammlung Tusculum schließlich doch erschienen. Sehr erfreulich für mich, enthält doch dieser Band auch weniger bekannte Texte Lukians – sogar welche, die mir vorher unbekannt waren (was natürlich nichts heißen will). Den Anfang allerdings machen,…
Franz M. Wuketits: Zivilisation in der Sackgasse. Plädoyer für eine artgerechte Menschenhaltung.
Wuketits thematisiert die Schwierigkeiten des Homo sapiens in einer durch die Zivilisation geprägten Welt. Unsere evolutionäre Ausstattung war seit Jahrhunderttausenden auf ein Leben in der Horde (von etwa maximal 100 Personen) und in freier Natur ausgerichtet, während wir jetzt in Megastädten leben, mit einer Unzahl fremder Individuen konfrontiert sind und uns einer Welt anzupassen gezwungen…
Millay Hyatt: Nachtzugtage
Nein, sie macht nicht die Nacht zum Tage, wie ich den Titel zuerst gelesen hatte. Sie verbringt ihre Tage im Nachtzug. (Und nein: Diese Tage haben keinen Bezug zum Menstruationszyklus.) Tatsächlich reist die in den USA geborene und in Deutschland aufgewachsene Autorin Millay Hyatt seit Jahren, ja Jahrzehnten, mit dem Zug durch Europa. (Ob sie…
Christa Wolf: Kassandra
Meine erste und bisher einzige Lektüre von Christa Wolf ist nun schon einige Jährchen her. (Ich glaube, es war damals Kein Ort. Nirgends.) Ich konnte mich weder mit Stil noch mit Inhalt des Buchs anfreunden. Schon damals war ich einer von denen, die in solchen Fällen beschließen, den lieben Gott einen guten Mann und die…