Johann Gottfried Herder: Verstand und Erfahrung / Vernunft und Sprache [d.i.: Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft, 2 Bde., 1799]

Herders Metakritik an Kants Kritik der reinen Vernunft stand von Anfang an unter keinem glücklichen Stern. Anlass für deren Entstehen und Veröffentlichung war wohl, wie Herder selber ausführt, der Umstand, dass bei den Prüfungen von Kandidaten der Theologie mehr und mehr festgestellt wurde, dass die jungen Männer zwar blutwenig von der Theologie und von ihrem…

Seishi Yokomizo: Die rätselhaften Honjin-Morde [本陣殺人事件]

‚Historischer Roman‘ ist meiner Meinung nach eher ein Begriff für und von Buchhandel und Verlagswesen als ein literaturwissenschaftlicher. Ich für mich betrachte als ‚historischen Roman‘ Werke, die nach mehr oder weniger Recherche ganz oder in Teilen a) in einer Epoche handeln, die zwei oder mehr Generationen vor den Schreibenden liegt (also mindestens 60 bis 75 Jahre in…

Margaret Doody: Mord im alten Athen [Aristotle Detective]

Aristoteles als Ermittler in einem Mordfall? Hm … Sagen wir so: Irgendwann habe ich den Überblick verloren über die verschiedenen Moden und Strömungen, die die Geschichte des Kriminalromans ausmachen. An den Anfang werden wohl meistens jene scharfsinnigen Ermittelnden gesetzt, die im zeitgenössischen Kontext der Schreibenden mit Scharfsinn und Logik die heile Welt wiederherstellten, deren von…

Rudolf Carnap / Otto Neurath: Briefwechsel

Rund 675 Seiten umfasst das vorliegende Buch – und dabei beinhaltet es noch nicht einmal den vollständigen Briefwechsel zwischen Rudolf Carnap und Otto Neurath. Es ist 2024 beim Verlag Felix Meiner in Hamburg erschienen, und das gibt dann auch schon die Auswahlprinzipien vor. Es sind die reichlich vorhandenen philosophischen Bemerkungen in diesem Briefwechsel, die im Zentrum…

Tim Crane: Die Bedeutung des Glaubens. Religion aus der Sicht eines Atheisten.

Dieses Buch zu besprechen fällt schwer: Das liegt weder am Thema noch an dem (legitimen) Versuch eines sich als Atheisten positionierenden Philosophen, Verständnis für die Religion, für gläubige Menschen und deren Anliegen zu wecken. Sondern an der verstörenden und zur Verwunderung Anlass gebenden Unfähigkeit des Autors, eine konsistente Darstellung seiner Position zu vermitteln, an den…

Rudolf Carnap: Der logische Aufbau der Welt

Mit diesem Buch (seiner Habilitationsschrift, wenn ich mich richtig erinnere) schrieb Carnap so etwas wie die Bibel des logischen Positivismus. Es ist in der ersten Auflage 1928 erschienen, aber noch im Vorwort zur zweiten Auflage von 1961 findet der Autor darin wenig Substanzielles, das er dreißig Jahre später anders sieht. Die Rezeptionsgeschichte des Buchs ist…

Lukian: Hermotimos oder Lohnt es sich, Philosophie zu studieren?

Während ich ungeduldig auf den vierten Band der Lukian-Gesamtausgabe Peter von Möllendorffs wartete (und noch warte – er war einmal auf Dezember letzten Jahres versprochen), fiel mein Blick auf das vorliegende Buch. Es ist ebenfalls herausgegeben, übersetzt und erläutert durch Peter von Möllendorff, erschienen aber bereits im Jahr 2000 bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt….

Alois Riehl: Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft. Erster Band ~ Geschichte und Methode des philosophischen Kritizismus

Der Philosophieprofessor Alois Riehl, der in Innsbruck seinen Doktortitel erlangte, in Graz habilitierte und über Umwege schließlich in Berlin zum Nachfolger von Wilhelm Dilthey gewählt wurde, stellt einen wichtigen Pfeiler dar in der Reihe der Philosophen, die Kants Philosophie am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiterzuführen und mit den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft…

Ob und warum man Hegel beiseite schieben könne – Mastodon-Antwort

Hegels Dialektik ist – wo nicht auf absurde Begriffe wie das „Absolute“ oder den Weltgeist angewandt – höchst trivial. These, Antithese, Synthese – dieses „Konzept“ erlebt jeder Mensch, der sich irgendwelcher Argumente bedient. (Hegel tut dies im übrigen nicht: Argumente, die logisch stichhaltig, durchdacht und nachvollziehbar sind und eine Begründungsleistung für das in Frage stehende…

Louis Aragon: Der Pariser Bauer [Le paysan de Paris]

… Aragon – der Paysan de Paris, von dem ich des Abends im Bette nie mehr als zwei bis drei Seiten lesen konnt, weil mein Herzklopfen dann so stark wurde, daß ich das Buch aus der Hand legen mußte. Walter Benjamin – zitiert nach dem hinteren Buchdeckel Benjamin würde Aragons Roman später kritischer gegenüber stehen,…