Auch wenn Buch IV von Joseph und seine Brüder nunmehr im US-amerikanischen Exil verfasst wurde, darf man getrost feststellen: Thomas Mann hat nichts von seinem Können verloren. Noch immer schreibt er mit demselben ironischen Grundton an Josephs Geschichte, und noch immer bringt er es zustande, dass uns Lesenden der Mund vor Staunen offen bleibt, weil…
Kategorie: Roman
die erzählende Langform bzw. die lange Erzählform
Lord Dunsany: The Gods of Pegāna
Ohne Dunsany kein Lovecraft und ohne Pegāna kein Cthulhu. Darin sind sich alle Geschichtsschreibungen der phantastischen Literatur einig – Lovecraft inklusive. Das stimmt natürlich, tut aber, wenn wir das so stehen lassen, dem Können und dem literarischen Gewicht von Edward John Moreton Drax Plunkett, 18th Baron Dunsany Unrecht, weil es ihn zu einem Vorläufer abstempelt, dessen…
Christa Wolf: Kassandra
Meine erste und bisher einzige Lektüre von Christa Wolf ist nun schon einige Jährchen her. (Ich glaube, es war damals Kein Ort. Nirgends.) Ich konnte mich weder mit Stil noch mit Inhalt des Buchs anfreunden. Schon damals war ich einer von denen, die in solchen Fällen beschließen, den lieben Gott einen guten Mann und die…
C. F. Ramuz: Dorf im Himmel [Terre du ciel]
Dorf im Himmel ist erst dieses Jahr (2025) zum ersten Mal auf Deutsch erschienen. Seine Entstehungszeit überlappt sich mit der des vor ziemlich genau zwei Jahren auf litteratur.ch besprochenen Sturz in die Sonne. Ramuz hat am vorliegenden Text immer wieder gearbeitet, immer wieder gefeilt, umgestellt, anders geteilt und neu geschrieben. Bei der vorliegenden deutschen Ausgabe…
Cormac McCarthy: Verlorene
McCarthy ist vor allem für seinen (verfilmten) Roman „Die Straße“ bekannt (in diesem Blog zweimal „gewürdigt“ – hier und hier): Die dort geäußerte Kritik war nicht dazu angetan, mich ihm allzubald wieder zuzuwenden. Dieser Roman erschien 1979 und damit 27 Jahre vor dem Bestseller – und obschon vor allem die Sprache mit den manchmal quer…
Seishi Yokomizo: Die rätselhaften Honjin-Morde [本陣殺人事件]
‚Historischer Roman‘ ist meiner Meinung nach eher ein Begriff für und von Buchhandel und Verlagswesen als ein literaturwissenschaftlicher. Ich für mich betrachte als ‚historischen Roman‘ Werke, die nach mehr oder weniger Recherche ganz oder in Teilen a) in einer Epoche handeln, die zwei oder mehr Generationen vor den Schreibenden liegt (also mindestens 60 bis 75 Jahre in…
Margaret Doody: Mord im alten Athen [Aristotle Detective]
Aristoteles als Ermittler in einem Mordfall? Hm … Sagen wir so: Irgendwann habe ich den Überblick verloren über die verschiedenen Moden und Strömungen, die die Geschichte des Kriminalromans ausmachen. An den Anfang werden wohl meistens jene scharfsinnigen Ermittelnden gesetzt, die im zeitgenössischen Kontext der Schreibenden mit Scharfsinn und Logik die heile Welt wiederherstellten, deren von…
Wolf von Niebelschütz: Die Kinder der Finsternis
Wolf von Niebelschütz halte ich für den unbekanntesten aller berühmten Autoren der deutschen Nachkriegszeit. Allenfalls teilt er sich diesen Platz mit Albert Vigoleis Thelen. Die relative Unbekanntheit liegt in Niebelschütz’ Fall nicht nur an seinem frühen Tod. Es spielt wohl auch der Umstand hinein, dass er sich dem gängigen Literaturbetrieb verschloss. Ich kann nicht sagen,…
Albert Camus: Der Fremde [L’Étranger]
Die Sonne sei schuld, meint Meursault vor Gericht, als er gefragt wird, warum er nicht nur einmal auf den Araber geschossen habe, sondern nach kurzem Warten gleich das ganze Magazin in den Körper des offenbar doch schon Toten geballert. Die Frage hat oberflächlich gesehen den juristischen Zweck, zwischen Notwehr (der Araber hatte ein Messer dabei)…
Wilhelm Raabe: Der Lar. Eine Oster-, Pfingst-, Weihnachts- und Neujahrsgeschichte
Bereits in Titel und Untertitel des vorliegenden kurzen Romans deutet uns sein Verfasser Wilhelm Raabe an, worum es darin geht. (Wir haben die Wichtigkeit des Untertitels schon beim Roman aus dem Säkulum gesehen. Hier ist es dasselbe.) Wenn wir noch Das Vorwort hinzunehmen, so erfahren wir schon vor der eigentlichen Geschichte, worum es im Roman…