Nein, es ist kein Missverständnis, dass ich nach dem Schreiben von „Die Dämonen I“ gleich zu IV übergehe – und dann noch mit einem eingeklammerten „a“ dahinter. Denn die III – Camus‘ „Les Possédés“ (also: „Die Besessenen“) und Doderers „Die Dämonen“ als II sind chronologisch dem jetzt zu besprechenden Werk vorgeordnet. Aber Doderers „Dämonen“ habe ich noch nicht fertig gelesen und Camus erst gerade aus der Buchhandlung geholt. II und III folgen also noch.
Hier, in der Nummer IV, geht es um ein Werk, das man gemeinhin der sog. Trivialliteratur zuordnen würde. Erschienen bei Piper in einer Sammlung von Fantasy-Romanen, den sog. „Völkern“ zugeordnet. Hier schreiben verschiedene deutsche Autoren Romane zu den Völkern der weiten Fantasy-Lande. Pate und Ahnherr des Ganzen natürlich J. R. R. Tolkien mit seinem „Herrn der Ringe“. Die dort erscheinenden Völker waren es auch, wenn ich mich nicht irre, die als erstes herhalten mussten für diese – im übrigen von Tolkien zwar inspirierten, aber inhaltlich unabhängigen – Bücher. Gelesen habe ich, ehrlich gesagt, keines davon. Bisher. Nun bin ich aber an der MMC in Berlin bei einer Lesung aus dem zweiten Band von Tobias O. Meißners „Die Dämonen“ dabei gewesen, was meine Neugierde weckte.
Band 1 (deshalb das „a“ in Klammern) der Meißner’schen Trilogie soll nun hier kurz besprochen werden. Meißner ist intelligent. Er underwandert das platte Queste-Motiv aller Fantasy, das durch den von mir sehr geschätzten Tolkien inauguriert wurde. Wohl gibt es den Krieg, wohl gibt es den „Dämonenschlächter“, der sie zum Schluss alle platt macht. Doch der Krieg der Völker ist sinnlos. Der „Dämonenschlächter“, der die Menschheit zum Schluss von den Dämonen erlöst, war dabei – auf der falschen Seite. Die Dämonen, das Sinnbild für die Besessenheit, die einen Menschen packen kann, die eine Masse, ein Volk packen kann, liessen sich ja eigentlich auch nicht von diesem „Dämonenschlächter“ erledigen. Sie haben sich selber erschöpft, aneinander aufgerieben. Wohl – es waren in diesem Band 1 nur zwei, die dem Dämonenschlund entkommen sind. Doch die zwei genügten, weil Dämonen, um leben zu können, alle Vitalität aus Botanik und Zoologie, vor allem aber aus dem Menschen saugen.
Meißner zitiert Tolstoi und spielt auf Dostojewskijs „Dämonen“ an. Wer schon immer wissen wollte, wie die Geschichte der unbekannten Leiche eines Selbstmörders aus Dostojewskijs „Die Dämonen“ verlaufen sein könnte, sollte zu Tobias O. Meißners gleichnamigen Buch greifen.
Daneben weiss Meißner mit der Sprache umzugehen. Er ziseliert, schleift, werkelt, bis die Töne stimmen.
Fazit: Vielleicht kein Buch, das die Äonen überdauern wird. Aber einen vergnüglichen Samstagnachmittag hat mir der Autor bereitet. Ich wurde gut unterhalten, ohne je das Gefühl zu haben, allzu tief in seichten Platitüden waten zu müssen. So mancher auf seine Buchpreise stolzer Autor von Hochgebirgsliteratur könnte guten Handwerkern wie Meißner etwas abschauen. Es wäre nicht schade um die deutschsprachige Gegenwartsliteratur.
So, und nun gehe ich Band 2 lesen.
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