Heute vor 5 Jahren erschienen die ersten Aperçus in unserm Blog. Am Anfang noch zögerlich, haben wir seit einem Jahr oder zwei inhaltlich wie formal unser Erscheinungsbild kaum noch geändert. Wir veröffentlichen unsere Aperçus unterdessen in schöner Regelmässigkeit. Bis heute sind es deren nicht ganz 900 – das heisst, auf 5 Jahre verteilt, dass praktisch…
Autor: P.H.
Marcel Proust: Lettres [Briefe] 1879-1922
Dieser Tage erschien bei Suhrkamp eine zweibändige Auswahlausgabe der Briefe Marcel Prousts. Die Suhrkamp-Ausgabe beruht auf einer französischen Ausgabe, die von Françoise Leriche 2004 herausgegeben wurde; und diese Ausgabe wiederum beruht auf der grossen, 21 Bände umfassenden Correspondence, deren Herausgabe Philip Kolb kurz vor seinem Tod 1993 beenden konnte. Die Texte sind dabei nicht zu…
Edmund Crispin: Love Lies Bleeding [Liebe stirbt zuerst / auch: Mit Geheimtinte]
Welch eine Enttäuschung! Ich hatte bei diesem Buch, dem zweiten Kriminalroman um den Oxforder Literaturprofessor Gervase Fen von Edmund Crispin, etwas Ähnliches erwartet wie beim ersten, The Moving Toyshop – nämlich eine herrlich witzig-absurde Story mit ebenso herrlich witzig absurden Figuren. Doch Love Lies Bleeding hat praktisch nichts davon. Das Setting – eine englische Privatschule…
Bob Dylan erhält den Nobelpreis für Literatur 2016
Heute wurde bekannt gegeben, dass Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur erhalten wird. Ein paar Fans jubeln. Die Masse sagt: „Endlich ein Nobelpreisträger, den ich kenne.“ Ein paar Kritiker weisen schon darauf hin, dass bereits weiland Homer „Sänger“ gewesen sei, der Literaturnobelpreis damit sozusagen an die Wurzeln der Literatur zurückkehrt. Es stimmt, dass die Ilias…
Winter
Winter ist der legitime und logische Nachfolger von Autumn – also eine weitere Anthologie mit jahreszeitbezogenen Texten der Folio Society, erschienen dieses Jahr in London. Erscheinungsort und -verlag erklären, warum die Mehrzahl der Texte von britischen bzw. US-amerikanischen Autoren stammt. Man kann die enthaltenen Texte in 2×2 Kategorien einteilen. Längs (sozusagen) in Lyrik (schwergewichtig, wie…
Gottfried Keller: Kleider machen Leute
Seldwyla heisst eine fiktive Kleinstadt im Schweizer Mittelland, die sich Gottfried Keller als Handlungsort für eine Reihe von Novellen erdacht hat – Die Leute von Seldwyla. Die Fachwelt ist sich, glaube ich, dahingehend einig, dass das Vorbild für Seldwyla Kellers Heimatstadt Zürich gewesen ist. Zürich, die Stadt, in der er 1819 geboren wurde. Zürich, die…
Eva Ashinze: Der Fall Maria Okeke
Regiokrimis sind, wenn ich das richtig sehe, aktuell im Genre Kriminalroman das, was vor ein paar Jahren noch die Schwedenkrimis waren: ein grosser Verkaufsschlager. Kein Wunder, will nun jede noch so kleine Stadt, jede noch so unwichtige Region ihren eigenen Ermittler vorweisen können. Die Winterthurer Anwältin Moira van der Meer der Winterthurer Autorin Eva Ashinze…
Bernard Mandeville: Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile
suhrkamp taschenbuch wissenschaft 300. Bernard Mandeville (nicht zu verwechseln mit seinem mittelalterlichen Namensvetter John, der eine fiktive Reise in den fernen Osten, zum Priesterkönig Johann, aus verschiedensten Quellen zusammenkompilierte und -fabulierte) lebte von 1670 bis 1733. Ursprünglich Holländer, liess sich Bernard Mandeville in London nieder, und feierte dort Erfolge nicht nur in seinem angestammten Beruf…
Shaftesbury: Ein Brief über den Enthusiasmus / Die Moralisten
Enthusiasmus heisst das Schlüsselwort, das die beiden Texte miteinander verbindet. Wobei das Wort mit jeweils gegensätzlichen Konnotationen versehen ist. Im Brief über den Enthusiasmus geht es um das Verhalten von als Glaubensflüchtlinge von Frankreich nach England gekommenen Hugenotten, die nun in England recht radikal und fundamental Proselyten zu machen versuchen. Der urbane Weltmann Shaftesbury empfiehlt…
Edmund Burke: Vom Erhabenen und Schönen
Moses Mendelssohn hielt diesen Text für wichtig genug, dass er noch eine Anzeige / Rezension fürs englische Original verfasste – nicht allerdings ohne darauf hinzuweisen, dass er sich auf die Übersetzung durch einen Freund freue. Dieser Freund war niemand Geringeres als Lessing. Aber auch Herder plante zeitweise, Burkes ästhetische Schrift zu übersetzen. Die beiden, Lessing…