Beda Venerabilis: Historia ecclesiastica gentis Anglorum

Da habe ich mir also – als Lektüre zwischendurch, wie sich herausstellte – dieses frühmittelalterliche Geschichtswerk vorgenommen: die Geschichte der Kirche der Engländer. Bzw. der Angelsachsen, oder noch genauer ihrer Komponenten. Denn noch zu Bedas Zeiten (rund 730 u.Z.) haben sich die Jüten, Angeln etc. noch als durchaus eigenständige Völker verstanden und voneinander abgegrenzt. Erst später, unter dem Druck der Wikinger und der Normannen haben sie sich als „Angelsachsen“ oder „Sachsen“ verstanden in dem romantischen Sinn, den Sir Walter Scott in Ivanhoe dem Begriff verliehen hat. Zu Bedas Zeit schieden sie sich noch von einander und von den Iren und von den Scoten und von den Picten. Diese Informationen entnimmt man Beda allerdings nur nebenbei. Selbstverständlichkeiten seiner eigenen Zeit werden nicht extra erwähnt. (Das ist ja bis heute so geblieben.) Bedas Schwergewicht liegt auf der Geschichte der frühen katholischen Kirche in England, auf der Geschichte der Christianisierung der Insel. Die politische Geschichte, die Streitereien innerhalb der mehr oder weniger die Zahl 7 erfüllenden Zahl der rivalisierenden Königreiche spielen nur am Rande hinein. Beda personalisiert, er hängt Erfolge (oder Misserfolge, von denen aber eher weniger) an der Person eines Bischofs oder Königs auf. Die Rivalitäten zwischen der irisch-keltischen Kirche und der römisch-europäischen werden zwar thematisiert, aber vor allem an einem Punkt aufgehängt, der Beda überhaupt sehr zu beschäftigen scheint: der unterschiedlichen Berechnung des Ostertermins in den beiden Traditionen. Immer wieder kommt Beda auf diesen Punkt zurück. Damit verbunden ist für ihn die unterschiedliche Art, wie die Mönche ihre Tonsur trugen. Dass auch die Struktur der Kirche unterschiedlich war, die Iren z.B. viel mehr Gewicht auf den Mönch und das Kloster legten als auf die vom Pabst abwärts orientierte Hierarchie der römischen Kirche, dass bei den Iren der Abt eines Kloster über dem Bischof stand, dass die irische Kirche mit andern Worten mehr von unten organisiert war und weniger von oben herab – alles das deutet Beda bestenfalls mal in einem Nebensatz an.

Alles in allem eine faszinierende, wenn auch relativ rasch erledigte Lektüre. Ich kannte das frühmittelalterliche England kaum, habe von daher sicher dazu gelernt. Sicher auch dazu gelernt, in der Art und Weise, wie ein Autor „betriebsblind“ sein kann.

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