Asimovs sog. Foundation-Trilogie wird dieses Jahr ihren 60. Geburtstag feiern. In spätern Jahren ist sie zum Nukleus eines ganzen Zyklus geworden, dem Asimov die meisten seiner Werke beigeordnet hat. Ich gestehe, dass es mir seinerzeit nicht gefallen hat, als ich bei der Lektüre von Robots and Empire, Foundation’s Edge und Foundation and Earth feststellen musste, dass Asimov Mitte der 80er Jahre seine Robot-Trilogie um Daneel R. Oliwaw mit der Foundation-Trilogie verknüpft hat. Die Romane als solches waren ja so übel nicht; aber die Verknüpfung hat bei mir einen schalen Nachgeschmack hinterlassen, und über Jahre habe ich Asimov nicht mehr angerührt. Meine grosse Science-Fiction-Zeit war sowieso vorbei …
Letzes Jahr dann hat die Londoner Folio Society die ursprüngliche Trilogie in einer ihrer gewohnt erstklassigen Ausgaben veröffentlicht, und ich nehme dies zum Anlass, meine studentische Begeisterung für Asimov einem Test zu unterziehen. Immerhin gibt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises von 2008, Paul Krugman, im Vorwort zu meiner Ausgabe zu, dass es Foundation war, das ihn zum Studium der Ökonomie gebracht hat.
Denn – und dies ist Asimov sicher schon mal zu Gute zu halten – im Zentrum von Foundation stehen keine geistig-körperlich-moralisch überlegenen Superhelden, wie sie noch zur gleichen Zeit sein Freund und Verleger John W. Campbell führte. (In dessen Maganzin Astounding Science Fiction erschienen zwischen 1942 und 1944 übrigens auch vier der fünf in Foundation enthaltenen Stories.) Die Helden des promovierten Biochemikers Asimov sind Wissenschafter, sind Politiker, sind Geschäftsleute. Beinahe Menschen wie du und ich.
Asimov soll beim Verfassen der Foundation-Geschichten von der Lektüre des Monumentalwerks The History of the Decline and Fall of the Roman Empire beeinflusst worden sein, das Edward Gibbon zwischen 1776 und 1789 in sechs Bänden veröffentlichte. Doch Foundation schildert nicht (nur) den Untergang eines Imperiums, sondern auch den Aufstieg eines andern, der sog. Foundation. Asimov soll sich in Bezug auf letztere an der Geschichte der USA orientiert haben. Ich kenne diese aber zu wenig genau, um das nachprüfen zu können.
Es geht in allen fünf Geschichten mehr oder minder um dasselbe: Noch ist das Imperium riesig und beherrscht die gesamte Galaxis, oder wenigstens deren grössten Teile. Nur dem Kenner zeigen sich erste Verfallserscheinungen. Einer dieser Kenner ist Hari Seldon. Seldon hat eine wissenschaftliche Methode entwickelt, die sog. Psychohistorie, mit deren Hilfe er (wahrscheinlich mittels komplizierter mathematischer Modelle – so genau schildert Asimov diese Technik nicht) die Zukunft berechnen kann. Seine Wissenschaft ermöglicht es, die Entwicklung grosser Massen – und eine über die ganze Galaxis verteilte Menschheit ist eine sehr grosse Masse! – fast auf den Punkt genau vorauszusagen. In der ersten Geschichte von Foundation gelingt es Seldon, die Herrschenden in seinem Sektor davon zu überzeugen, dass der potentiell gefährliche Kreis von Wissenschaftern um ihn auf einen fernen Planeten verbannt werden soll, wo sie in aller Ruhe an einer Enzyklopädie werkeln dürfen, die die Erinnerungen des Imperiums festhalten soll, und es damit ermöglichen soll, nach dem Fall des Imperiums so rasch wie möglich ein neues zu errichten. Die Politik des Imperiums arbeitet hier offenbar nach dem Motto meiner Grossmutter: Nützt’s nix, so schadt’s nix. Seldon hat nämlich berechnet, dass ohne Foundation die Errichtung eines Zweiten Imperiums 10’000 Jahre in Anspruch nehmen wird – mit einer Foundation nur deren 1’000.
Die spätern Geschichten schildern dann das Heraufziehen und die Überwindung sog. Seldon-Krisen – Krisen, die der Foundation gefährlich werden können, wenn sie nicht in der Lage ist, sich sozusagen neu zu erfinden, und so von einer Gesellschaft von Wissenschaftern, bzw. Enzyklopädisten, zu einer von demokratisch gewählten Bürgermeistern und noch später zu einer von grossen Handelshäusern zu werden. Foundation endet damit, dass das unterdessen geschwächte, aber im Zentrum der Galaxis immer noch existierende Imperium Notiz nimmt von der Macht, die sich am Rande der Galaxis aufbaut. Insofern ein grossartiger Cliff-Hanger.
Foundation besteht aus fünf Kurzgeschichten, die zwar insoweit von einander abhängen, als jede auf den Ereignissen aufbaut, die die vorhergehende geschildert hat; aber in den meisten Fällen ist das Personal neu rekrutiert worden. Dann allerdings verlaufen die Geschichten wieder nach demselben Schema. Eine Krise zieht auf und wird von einem extrem begabten Individuum gemeistert. Hari Seldon taucht dann meist auch noch aus einem sog. Time Vault auf (als holografische Aufnahme) und referiert kurz zum Vergangenen, ordnet es quasi in die Psychohistorie ein. (Man liest gern in verschiedenen „Rezensionen“ im Internet, dass Seldon die Krise vor deren Lösung bekannt gibt und sogar, dass er Tipps zu deren Lösung gibt. Dem ist nicht so. Es wäre eines Wissenschafters unwürdig, wenn er so aus dem Grab die Geschicke der Foundation leitete.)
Damit zu den Punkten, die mir heute aufstossen. Dem unbedingten Glauben der 50er Jahre an die Atomkraft ist es zu verdanken, dass diese auch zu Seldons Zeiten als die einzig wahre Energiequelle gilt. Die Beherrschung der atomaren Energiegewinnung gilt in Foundation als das Zeichen für den Stand der technischen Entwicklung. Weshalb der Untergang des Imperiums aber gleich einen Verlust von technischem Know-How bedeuten soll, ist nicht klar, lässt sich m.W. auch nicht aus dem Untergang des Römischen Reichs ableiten, nicht einmal aus Gibbons Schilderung davon. Bei Asimov aber ist das der Fall – dass die Foundation überhaupt überlebt, verdankt sie der Tatsache, dass sie im Gegensatz zu den umliegenden aus dem Imperium hervorgegangenen Staaten die Atomkraft beherrscht. Dass nur Männer eine Rolle spielen in den fünf Kurzgeschichten, ist wohl auch als Relikt der 50er zu sehen. Ebenso die Tatsache, dass ständig geraucht wird – Zigaretten wie Zigarren. Dass fünf Geschichten nach ein- und demselben Schema dann doch ermüden, ist hingegen eine zeitlose Kritik, die ich anzubringen hätte. Auch erklärt Asimov nirgends, weshalb denn die Errichtung eines Zweiten Imperiums überhaupt wünschenswert sein könnte – ein Imperium wird irgendwie als Vollendung menschlicher Existenz in jeder Hinsicht betrachtet, auch von Seldon. (Dass es – was man ihm ja auch vorgeworfen hat – bei Asimov keinen Sex und keine Aliens gibt, möchte ich allerdings eher positiv bewerten…)
Fazit: Das Buch hat gealtert, ja. Spannender Zeitvertreib ist dessen Lektüre aber immer noch, auch wenn man Asimovs Voraussetzungen heute hinterfragen muss.
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