Nachtrag zu gestern 😉 : Ich habe am Stand von Random House nach dem zukünftigen Schicksal der Manesse Bibliothek der Weltliteratur gefragt, die doch in letzter Zeit vom einen oder andern schon tot gesagt wurde. Die Antwort darf ich leider nicht bekannt geben, da die Dame, die sie mir gab, auf meine Nachfrage, ob ich sie zitieren dürfe, meinte, lieber doch nicht, und ich solle diese Frage doch lieber der Pressestelle von Manesse stellen. Also liebe Pressestelle: Was sind denn die Pläne von Manesse mit ihrer Bibliothek der Weltliteratur?
Den heutigen Tag liess ich recht gemütlich angehen. Ich besuchte noch den Stand der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, den ich gestern ausgelassen hatte. Die wirklich schöne Ausgabe des Apuleius, die gerade herausgekommen ist, lag auf. Das hat mich einerseits gefreut, andererseits geärgert, weiss ich doch, dass mein Exemplar unterdessen bei mir zu Hause angekommen ist, und ich nun noch bis Sonntag warten muss, um es in die Hände zu kriegen. Leiden eines Reisenden.
Ein inoffizielles Bloggertreffen, das um 12.00 Uhr in der Blogger-Lounge stattfand, habe ich nach ca. 15 Minuten bereits wieder verlassen. Es kamen auf 1 Mann ungefähr 15 Frauen, und ich kam mir vor wie damals, vor Jahrzehnten, als ich aus Versehen in die Frauen-Sauna geriet. Statt dessen besuchte ich die Pirckheimer-Gesellschaft, gemäss eigenem Prospekt
Gegründet 1956 in Berlin (Ost) […] die jüngste und lebendigste deutsche Bibliophilen-Geselllschaft.
Mal schauen, ob und wie ich an ein Exemplar ihrer Zeitschrift, der Marginalien, komme.
Um 17.00 Uhr dann zurück zu Random House, zu einem von ihnen speziell für Blogger organisierten Event namens #blogntalk. Nach ein paar Begrüssungsworten durfte jeder Blogger, jede Bloggerin einen ihm zugelosten, eine ihr zugeloste, eine ihm zugeloste, einen ihr zugelosten Autor oder Autorin interviewen. Der mir urspünglich zugeloste Autor war mir allerdings gänzlich unbekannt, und ich fürchtete schon Schlimmstes. Allerdings ging es der neben mir sitzenden Bloggerin gleich wie mir. Und als sich zu allem Überfluss herausstellte, dass ich ihren Autor kannte und sie den meinen, beschlossen wir ganz einfach zu tauschen. (Kleiner Tipp an Random House: Ein bisschen nachlesen, wen oder was einer schon auf seinem Blog besprochen hat und / oder zu welchem Genre er schon sog. Rezensionsexemplare von Euch bezogen hat, würde dem Blogger auch das Gefühl geben, ein bisschen ernster genommen zu werden. Lest doch bitte im Briefwechsel zwischen Reich-Ranicki und Rühmkorf nach, mit welcher Sorgfalt MRR die Rezensionsexemplare für seine Rezensenten – nicht nur Rühmkorf – aussuchte.)
Mit diesem kleinen Trick aber kam ich an Boris Koch als Interviewpartner. Ihn kannte ich nämlich – allerdings nur virtuell, ich musste mich erst bei den anwesenden Autoren durchfragen, wer denn nun von ihnen Boris Koch sei – ihn also kannte ich von einer Leserunde her mit Christian von Aster und Markolf Hoffmann aus den Zeiten des Stirnhirnhinterzimmers. Leider existiert diese kleine Lesebühne nicht mehr, u.a., weil sowohl Boris wie Christian seither Berlin verlassen haben. Ich entschuldigte mich dafür, dass ich ihn seither aus den Augen verloren hatte, ebenso wie seine beiden Freunde. Er nahm das nicht weiter tragisch, gab auch zu, dass er nicht so der Internet- und Social-Media-Freak sei. Boris Koch möge mir verzeihen, ich bin ein schlechter Interviewer, das hat schon Christina Neth letztes Jahr an der Leipziger Buchmesse zu ihrem Leidwesen erfahren müssen. So habe ich völlig vergessen, die für einen Autor wohl wichtigste Frage aller Fragen zu stellen – die nach dem nächsten Buch, das er in Planung hat. Statt dessen hat er mir von seinem letzten Buch erzählt, einem Buch für ältere Kinder mit einem phantastisch-makabren Einschlag: Das Kaninchenrennen. Was und wie Boris Koch davon erzählte, hat mir Lust gemacht, das Buch tatsächlich selber zu lesen – obwohl ich leicht über der Altersgruppe bin, für die es geschrieben worden ist (9-12, wenn ich mich recht erinnere). Die von Random House den Bloggern vorgeschlagenen Fragen haben wir auch noch kurz abgehakt:
Welche berühmte Person würden Sie gerne einmal treffen?
Alle.
Wo verbringen Sie gerne Ihren Urlaub?
Gerne immer wo anders.
Das, und dass er gerne Kurzgeschichten schreibt, hat mir Boris Koch verraten. Wir waren uns im Folgenden dann allerdings in Bezug auf die für Fantasy notwendige Länge von Romanen nicht ganz einig: Ich, der ich Horror habe vor Drei- und Mehrteilern mit Tausenden von Seiten – er, der durchaus in gewissen Fällen eine solche Länge für notwendig erachtet. Als Beispiel nannte er Robert Harris‘ Trilogie Cicero (1’500 Seiten, alles in allem). Die kenne ich, offen gesagt, nicht, muss mich also eines Urteils enthalten.
Boris Koch liest heute Abend noch mit seinen beiden alten Spezis und drei weiteren Autoren – leider in etwa am andern Ende von Leipzig, so dass ich keine Chance gehabt hätte, irgendwie rechtzeitig wieder in meinem Hotel zu sein. Und dieses Aperçu hätte ich auch nicht schreiben können. Aber Boris Koch hat mir versprochen, meine Grüsse an die andern beiden Ex-Bewohner des Stirnhirnhinterzimmers weiterzugeben.
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