Mir ist nicht ganz klar geworden, welchen Zweck das vorliegende Buch erfüllen soll. Johnston, der bereits eine Kulturgeschichte Österreichs geschrieben hat, widmet sich hier dem „österreichischen Menschen“ anhand von Essays, die zwischen 1910 und 1967 entstanden sind. So weit – so gut, daraus könnte etwas durchaus Interessantes entstehen, wenn er diese Essays nicht einfach nur referieren würde (und eine aktuellere Auswahl hätte auch nicht geschadet). So liefert er eine Inhaltsangabe um die andere, zitiert auch die abstrusesten Passagen, ohne sich in irgendeiner Form kritisch mit dem Text auseinanderzusetzen. Bei Hofmannsthal (in seinem Essay über Maria Theresia) liest man etwa, dass „das dämonisch Mütterliche in ihr das Entscheidende war“, was Johnston ohne mit der Wimper zu zucken seinem Leser präsentiert (nebst diversem anderen Schmus wie dass die „unermüdliche Sorge und das Zartgefühl Teile ihrer alles durchdringenden Frömmigkeit waren“, eine Frömmigkeit, die sich auch darin äußerte, dass sie bei Gesprächen mit Protestanten sich hinter einem Vorhang verbarg, um deren Anblick nicht ertragen zu müssen).
Wer derlei einfach nur präsentiert, kann kaum etwas Erhellendes zum „österreichischen Menschen“ beitragen (von dem ich gerne mehr gewusst hätte: Immer nur auf Introspektion angewiesen wird man sich des Charakteristischen seines Seins möglicherweise gar nicht bewusst). So aber ist das ein bloß enervierendes und ungeheuer langweiliges Elaborat, dass ich (mit gutem Gewissen, denn Bücher abzubrechen fällt mir recht schwer) nach der Hälfte zur Seite gelegt habe. Im übrigen bevor Johnston Robert Musil das Österreichertum beschreiben ließ: Einige vorhergehende Bemerkungen ließen den Schluss zu, dass er dem eigenschaftslosen Menschen recht fremd gegenüberstand: Weit und breit kein Gespür für diverse Möglichkeits- und Wirklichkeitssinne. Wahrlich schade um jedes Bäumchen, das für dieses Buch sein Leben lassen musste.
William M. Johnston: Der österreichische Mensch. Kulturgeschichte der Eigenart Österreichs. Wien, Köln, Graz: Böhlau 2010.
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