Die Dämonen IV(c)

Die Dämonen – Am Ende der Zeiten heisst also der dritte und letzte Band von Tobias O. Meißners Trilogie. Von Dostojewskij sind wir unterdessen weit weg, wieder ganz im Reich der Fantasy. Das ist schade einerseits, andererseits kann heute – nach Dostojewskij, Camus und Doderer – das Thema wohl nur noch in diesem Rahmen befriedigend abgehandelt werden. Im Ganzen rundet Band 3 die Trilogie sehr gut ab, im Einzelnen … nun ja, im Einzelnen gibt es Dinge, die ich anders gemacht hätte. Tobias hat erklärt, warum er es so und nicht anders gemacht hat; er und sein Lektor (bzw. seine Lektorin, so genau weiss ich das nicht), er und sein Lektorat also waren sich offenbar dahingehend einig, dass dieser Band 3 ein guter Schluss für die Trilogie sei.

Band 3 – im Ganzen
Im Ganzen rundet Tobias das Geschehen sehr schön ab. Sein Endzeit-Szenario bringt sicher kaum Neues, aber was er bringt, bringt er sprachlich gekonnt. (Was etwas heissen will, denn ich habe bei moderner Fantasy auch schon anderes gesehen.) Die Stadt, aus der einer der Protagonisten stammt, ist atmosphärisch dicht und gut beschrieben. Und – ein cleverer Trick des Autors – wir lernen sie erst spät nach dem Protaginisten selber kennen. Dies ermöglicht Tobias, Dinge in einer Art Rückblende aufzuarbeiten.

Eines der Bücher übrigens, in denen die zum Teil doch recht deftigen Sex-Szenen durchaus an ihrem Ort waren, zum Charakter der Agierenden auch gut passten.

Band 3 – im Einzelnen
Der Schluss stellt eine merkwürdige Mischung dar. Zum einen sind unsere Helden am Schluss plötzlich auf einer Queste begriffen, erforschen das und dieses und eines und lassen sich gehörig Zeit dabei. Der Leser, langsam auf den Showdown wartend, knabbert an seinen Fingernägeln. Denn: Es passiert nicht wirklich etwas. Wir erforschen ein paar Orte mit unsern Protagonisten, doch für die Queste schaut wenig heraus – ausser ein paar Toten. Weder entwickeln sich die Charaktere so wirklich (am meisten noch Adain, der einzige aus Band 2 lebendig und übrig gebliebene Dämon), noch sind die Erfahrungen aus diesen Schluss-Stationen wirklich wichtig für die Queste. Kein Gral wird gefunden, kein Stein der Weisen. Der eigentliche Schluss dann: ebenso erwartet wie unerwartet. Nietzsche lässt grüssen und mit ihm gewissen Strömungen des Hinduismus. (Ich mag diese Geschichsmodelle nicht, ob sie nun religiös motiviert sind, wie im Hinduismus; philosophisch (oder jedenfalls fast) wie bei Nietzsche; pseudo-historisch wie bei Spengler; oder fast echt-historisch wie bei Toynbee. Von minderen Geistern zu schweigen.) Die Charaktere werden für meinen Geschmack viel zu schnell umgestülpt wie ein alter Handschuh. Ich hatte den Eindruck, dass die Zeit, die Autor, Leser und Protagonsiten am Ende der Queste verloren hatten, nun wieder eingebracht werden musste. Anders rum wäre mir lieber gewesen, denn die dahinter steckende Idee, dass alle Geschöpfe Kinder eines bizarren Gottes sind, hat was für sich.

Was mich aber wirklich gepackt hat, und wofür ich das Buch wohl nie mehr vergessen werde: die ziemlich zu Beginn geschilderte Jagd auf Dämonen. In Schiffen (die sich zwar an Land, offenbar auf Sand, fortbewegen) bzw. in Beibooten und mit Harpunen. Seit Melville (Moby-Dick!) habe ich nichts derartiges mehr gelesen; und Tobias entpuppt sich in diesen Szenen als kongenialer Nachfolger des Amerikaners. Chapeau!

Fazit
Kein typischer Fantasy-Fliessband-Roman, auch wenn sich die Queste am Ende wieder eingeschlichen hat. Spannende Unterhaltungsliteratur der Postmoderne, die richtungsweisend sein könnte, wenn es das in der Postmoderne noch gäbe.

Fazit zur Trilogie

Der erste Band bei weitem der beste, interessanteste. Band 2, auch wenn mir Tobias erklärt hat, warum dieser Band seiner Meinung nach sein muss: zu chaotisch, zu sinnlos. Hier hätte ich mir das gewünscht, was Tobias zum Schluss des dritten Bands gesagt hat: kürzer wäre knackiger gewesen. Band 3 dann mit seiner Endzeit-Stimmung holt wieder Terrain ein. Tobias kann schreiben; manchmal allerdings sind wir darüber, wie eine Geschichte zu führen sei, verschiedener Meinung.