Albertus Magnus ist heute wohl für viele eher der Magier, der Zauberer, den der Volksmund schon kurze Zeit nach seinem Tod aus ihm gemacht hat. Seine tatsächlichen Versienste verschwinden hinter dieser sagenhaften Gestalt. Dabei war Albertus Magnus auch einer der grossen Naturwisschafter, daneben Theologe und Lehrer des Thomas von Aquin Es war Albertus Magnus im Grunde genommen der erste Scholastiker, ganz sicher der erste Aristoteles-Kommentator christlicher Provenienz von Bedeutung. Keiner kannte seinen Aristoteles so gut wie Albert aus Köln. So bin ich denn auch mit grossen Erwartungen an diesen kurzen Text gegangen. Es handelt sich dabei um eine bei Meiner erschienene Auswahl aus einem längeren Traktat Alberts. Doch die Enttäuschung war gross. Viellleicht liegt es ja daran, dass es sich um ein Frühwerk des Meisters handelt. Wir treffen hier keineswegs auf den Naturwissenschafter Albert sondern auf einen Scholastiker in Reinkultur. Das Traktat vom Menschen handelt – jedenfalls in der Meiner-Auswahl – ausschliesslich von der Seele, ob sie nun drei- oder einfach sein, ob sie Teil des Körpers oder etwas Separates sei. Alles wird in bester scholastischer Manier entwickelt, indem irgendein Punkt als fix und gegeben angenommen wird und von da aus munter weiter spekuliert. Diese Spekulationen werden sehr logisch und stringent durchgeführt, wirken auf uns Heutige aber durch den willkürlich angenommen Ausgangspunkt eher als intellektuelle Spielerei. Es ist, als ob wir einem zuschauen, der ein Sudoku-Rätsel löst.
Die arabischen Vorgänger (Albertus zitiert Avicenna und Al-Faradi,wenn ich mich recht erinnere) waren jedenfalls besser geerdet.