Inmitten all dieser Skurrilitäten finden sich alternde Männer und Frauen mit ihren Krebserkrankungen, mit ihren Seltsamkeiten in einer immer fremder werdenden Welt, dekadent, verrückt, es ist eine sterbende Welt, die sich selbst überlebt hat. Der Präsident vergnügt sich mit Videospielen (und jagt schlussendlich die Erde in die Luft, weil er an die falschen Knöpfe gerät), man organisiert eine Milliardärshochzeit in einem riesigen Busbahnhof, der ansonsten nur von Junkies, Huren, Verbrechern und Pennern bevölkert ist, unter dem Busbahnhof aber befindet sich sowohl das zukünftige Refugium all der Mächtigen nach einem Atomkrieg als auch eine kleine, fast heimelig anmutende Hölle, in der auch die gefallenen Soldaten des ersten Buches zu einem Auftritt kommen.
Eingebettet in diese semi-futuristische Welt, in dieses surreale Panoptikum sind die Lebensläufe von Yossarián, Singer (jener Bombenschütze, der beim Tode Snowdens ständig ohnmächtig und in Catch 22 nur nebenher erwähnt wurde) und dessen Freund Rabinowitz, der mit einem gewissen Vonnegut in Dresden in Kriegsgefangenschaft war. Krank, alt, von Schicksalsschlägen heimgesucht sind das beeindruckende Darstellungen der Banalität des Lebens innerhalb des zur Exzentrik und Verrücktheit neigenden Handlungsverlauf, der nahe Tod, das Alter in seiner Tristesse, die Hilflosigkeit gegenüber dem Verfall des Körpers werden fühlbar, berühren. Und dann sind da noch unzählige literarische und musikalische Anspielungen von Thomas Mann bis zur 5. Symphonie von Mahler (von Visconti in der Verfilmung des „Todes in Vendig“ eingesetzt, ein Buch bzw. ein Protagonist (Aschenbach), der im Roman häufig Erwähnung findet).
Irrwitzige Dialoge, viele Anklänge an den „IKS-Haken“, der auch in den 90igern noch nicht seine Bedeutung verloren hat und das Changieren zwischen exzessiver Dekadenz und Armut, Brutalität, die diese Welt als schließlich nicht überlebensfähig ausweisen: Der endgültige Untergang ist nur konsequent. Und es bleibt mehr als unsicher, ob man nach Ende dieses Romans noch immer die optimistische Losung des „Yossarián lebt“ auf öffentlichen Toiletten oder am Campus findet, wie dies über Jahrzehnte der Fall war. Ein Buch voller Verrücktheiten, Seltsamkeiten, abgefahrenen Ideen, witzig, manchmal aber sich verlierend in diesem Übermaß an Tollheit, das aber gelesen zu werden verdient. Allerdings empfiehlt es sich, mit Catch 22 zu beginnen: Ansonsten bleiben doch viele Anspielungen unverstanden. (Nebenher habe ich noch Becketts „Endspiel“ gelesen, thematisch als auch von den Figuren her sehr gut passend. Kollektiver versus individueller Untergang.)