Kurd Laßwitz: Traumkristalle

Bei Traumkristalle handelt es sich um eine Sammlung kürzerer Geschichten von Kurd Laßwitz, je ein Gedicht und ein Essay sind auch dabei. Obwohl die Sammlung mit dem Gedicht beginnt, können wir es mangels Relevanz gleich ganz weglassen.

Jahrhundertmärchen ist eine Geschichte über die Entwicklung des deutschen Michel hin zu immer mehr Freiheit und Selbstverantwortung. Ein Zeugnis der Zeitstimmung, der sich offenbar auch Laßwitz nicht entziehen konnte.

Der gefangene Blitz ist eine Parabel über die Elektrizität, die vom Menschen eingefangen wurde und nun für ihn arbeiten muss. Der Unterschied zwischen der tumben Elektrizität und dem Menschen ist der, dass die Elektrizität nun arbeiten muss – während der Mensch arbeiten will.

Das Lächeln des Glücks handelt unter Engeln. Das Glück ist eigentlich der mächtigste aller Engel, er kann ins Weltgeschehen eingreifen und die Ereignisse verändern. Aber er vermag das nur, wenn ihn das Lächeln eines Kindes befällt. Eine süsse und naive Geschichte.

Die drei Nägel ist vielleicht die interessanteste Geschichte in dieser schmalen Sammlung. Vom Setting her – es geht um Eisenbahn und das Verhindern eines Unglücks – erinnert sie sehr an eine andere phantastische Geschichte R. L. Stevensons. Von der Sprache her haben wir aber gar nichts Phantastisches vor uns, es könnte sich um eine Vorstufe zum Bahnwärter Thiel von Hauptmann handeln.

Der Schirm ist eine poetische Liebesgeschichte und ebenfalls sehr gelungen. Tiefgang sucht man hier allerdings vergebens, aber das muss ja nicht immer sein.

Die einzige Science-Fiction-Geschichte der Sammlung heisst Die entflohene Blume. Sie handelt auf dem Mars, von zwei Marskindern, die einer Blume, die sie hegen, verwehren, was für sie natürlich und notwendig ist, nämlich ihre Blüten in der Weite des Mars zu verbreiten. Der Blume gelingt es dennoch, ihre Blüten auf Wanderschaft zu schicken, doch die beiden Kinder reisen ihnen nach. Sie werden unterwegs von einem sog. Tiefenwurm überrascht, der giftige Gase ausstösst. Dass die die Begegnung überleben, verdanken sie den Blüten, die sie jagten. Die hatten sich nämlich über ihre Gesichter gelegt und sie so vor den Giftgasen geschützt. Eher Science Fiction für Kinder, aber die Grundidee ist nett.

Ernsthafter ist dann der abschliessende Essay: Unser Recht auf Bewohner anderer Welten. Laßwitz ist darin der Meinung, dass es im weiten Weltall jede Menge Leben und auch jede Menge intelligentes Leben geben muss. Nur werden, meint er, die Ausprägungen dieser Lebensformen oft so sein, dass sie und ihr Handeln für uns unverständlich sein müssen. Daraus aber, so Laßwitz, könne keine anständige Geschichte entwickelt werden. Also sei der Autor utopischer Romane nachgerade verpflichtet, die fremden Wesen recht nahe am Menschen zu gestalten: äusserlich, aber auch im Denken. Ob wohl das Team um Star Trek je diese Rechtfertigung humanoider Aliens gelesen hat?

Alles in allem sind diese 66 Seite eine nicht uninteressante Lektüre für Zwischendurch und zeigen ein bisschen die Spannweite von Laßwitz’ Schreiben.

 

 

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