Thomas Mann: Lotte in Weimar

„Lotte ist da! Lotte ist in der Stadt! Lotte in Weimar!“ – Ungefähr so müssen wir uns die Reaktion der Bevölkerung von Weimar vorstellen, jedenfalls wenn es nach Thomas Mann geht. Einen Menschenauflauf vor dem Gasthof Zum Elephanten, in dem die verwitwete Hofrätin Charlotte Kestner, geb. Buff, abgestiegen ist, inklusive. Doch Thomas Mann beabsichtigte ja…

Ralph Waldo Emerson: Tagebücher

Tagebücher sind ungefähr so individuell wie die Personen, die welche schreiben. Das gilt natürlich auch für jene, die den Weg ans Licht der Öffentlichkeit gefunden haben. Da sind jene, die in großer Regelmäßigkeit, oft wirklich täglich, geführt werden, die aber im Grunde genommen nur mehr oder minder repetitive Aufzählungen dessen sind, was der oder dem…

Jeremy Adler: Goethe

Dieses Buch ist ursprünglich als eine kurze Biographie entstanden (so der Autor in der Vorbemerkung der deutschen Ausgabe). Das Original war für ein Publikum gedacht, dem Goethe vielleicht nur dem Namen nach bekannt war, und das eine Einführung in sein Leben und Werk suchte. (a.a.O.) Dem Namen nach bekannt müsste Goethe eigentlich allen Lesenden von…

Die lasterhaften Balladen und Lieder des François Villon. Nachdichtung von Paul Zech

Kennen Sie Klaus Kinskis Interpretation des Gedichts Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund? Wenn ja, wissen Sie wohl auch, welches Problem im vorliegenden Buch versteckt ist. (Wenn nein: Unbedingt anhören! Einfach auf YouTube nach „Kinski“ und „Erdbeermund“ suchen.) Das heißt: Wenn Sie wissen, welches Problem hier versteckt ist, dann ist es auch schon kein…

Hafis

Mit Ausnahme der etwas enthusiastisch-pathetisch geratenen Anpreisung der verwendeten Übersetzung (für alle, die sie im Beitragsbild nicht lesen können: Die unvergänglichen Strophen // des persischen Dichters // in der wundervollen Übertragung // von G. Fr. Daumer) – mit dieser Ausnahme also ist die vor mir liegende Ausgabe der Gedichte des persischen Dichters Hafis in deutscher…

Annemarie Schwarzenbach: Orientreisen. Reportagen aus der Fremde

»Unser Leben gleicht der Reise …«, und so scheint mir die Reise weniger ein Abenteuer und Ausflug in ungewöhnliche Bereiche zu sein, als vielmehr ein konzentrierte Abbild unserer Existenz: ansässig in einer Stadt, Bürger eines Landes, einem Stand oder Gesellschaftskreis verpflichtet, einer Familie und Sippe zugehörig, und verwachsen mit den Pflichten eines Berufs, den Gewohnheiten…

Dirk Stermann: Der Hammer

Geneigte Leserin, geneigter Leser, ich will Dich nicht mit den Assoziationen und Wortspielen belästigen, die der Titel dieses Buchs evoziert. Es ist ganz klar, dass der Autor diese Assoziationen beabsichtigt hat, und wer mag, kann sie in diversen Rezensionen des professionellen Feuilletons nachlesen. Für meinen Teil möchte ich nur darauf hinweisen, dass es in der…

Johann Wolfgang Goethe: West-östlicher Divan

Bei seinem Erscheinen in der ersten Fassung von 1819 begegnete Goethes West-östlicher Divan im Publikum größtenteils Unverständnis. Zwar war der Vordere Orient – auch und gerade durch die Übersetzungsarbeiten Joseph von Hammer-Purgstalls und (später) Friedrich Rückerts – seit ein paar Jahren schon in Mode gekommen, eine Mode, die weit über die eigentliche Literatur hinausging. Aber…

«Den Schleier zieh zurück» (Hafis). Persische Literatur damals und heute

Eine Veranstaltung im Rahmen des Literaturfestivals «Zürich liest ’19». Leider war diese Veranstaltung etwas schlecht organisiert. Ein Drehbuch, einen roten Faden, schienen die beiden Moderatoren nur ganz oberflächlich vereinbart zu haben. Außerdem waren zu viele Leute da; die Akustik des Raums war schlecht. Ich habe weder die Namen der beiden Moderatoren verstanden, noch die der…