+++ abgebrochen +++ Georg Cavallar: Islam, Aufklärung und Moderne

Wieder einmal ein Buch, das ich – einigermaßen verärgert – weggelegt habe. Diesmal aber schon nach wenigen Seiten und kurzem Querlesen. Der erste Eindruck: Pensionierter Gymnasiallehrer mit Toleranzattitüde verfasst einen längeren Leserbrief (ich musste schmunzeln, nachdem ich mich informiert hatte: Er ist noch nicht pensioniert).

Da bemüht sich einer, „objektiv“ zu sein und der Religion (den Religionen) „Gerechtigkeit“ widerfahren zu lassen (indem er möglichst brav nach Definitionen sucht und anderen unterstellt, dass sie dies unterlassen hätten – wobei er die Subjektivität (und teilweise Unsinnigkeit, worauf schon Popper zu Recht verwiesen hat) all dieser Versuche ignoriert). Und er zitiert Autoren (die man nicht kennt oder auch nicht kennen muss) wie Michael Ley (gut, den kennt man – aber wer beschäftigt sich ernsthaft mit den Thesen eines Mannes, der beim Antaios-Verlag von Götz Kubitschek publiziert?), um diesen ihre Einfalt und Engstirnigkeit nachzuweisen. Diese billige und unlautere Methode, die größten Schwachköpfe ihrer Zunft zu zitieren und dadurch den eigenen Überlegungen höhere, geistige Weihen zu verleihen, geht mir auf die Nerven (Cavallar treibt dieses Spiel auf die Spitze, indem er sich nicht entblödet, auch Äußerungen aus den sozialen Netzwerken anzuführen und zu kritisieren).

Und schließlich ergeht er sich in dem üblichen (und überaus dämlichen) Geschwätz a la Feyerabend und Co, dass ja auch die Wissenschaft auf bestimmte metaphysische Annahmen rekurrieren würde und dadurch religiösen Weltbildern vergleichbar wäre. Das war dann auch der Punkt, an dem ich mir mehr als sicher war, dass das Weiterlesen nur Zeitverschwendung bedeuten würde. Es scheint gerade bei dieser Thematik (Wissenschaftlichkeit, Theologie bzw. Religion) so zu sein, dass man den betreffenden Vertretern jedes Mal aufs Neue die Welt beginnend mit Adam und Eva erklären muss. Dass wissenschaftliche Methode mit Objektivität und diese mit Invarianzeigenschaften der Welt zu tun hat, dass Erklärungen unabhängig vom erkennenden Subjekt (und dessen spezifischen Erkenntnisumständen) sein müssen, dass sie reversibel (falsifizierbar) sind, keinen Letztbegründungsanspruch erheben dürfen, nach Möglichkeit einem reduktionistischen Prozess unterliegen sollen, die Intersubjektivität gewahrt werden müsse, Wiederholbarkeit usf. Und dass dies bei Religionen nicht der Fall zu sein pflegt, ja gar nicht der Fall sein kann, weil Religionen (vor allem jene mit Offenbarungscharakter) dogmatisch sein müssen (denn wenn ein Gott zu uns spricht oder sprechen lässt, so kann man ja davon ausgehen, dass seine Äußerungen nicht durch göttliche Vapeurs oder dergleichen an Wahrheit einbüßen).

Und ja – natürlich: All die heiligen Bücher können selbstverständlich (ihrer ganz offenkundig nicht göttlichen Natur wegen) entsprechend ausgelegt werden – nämlich so, dass ich mich verpflichtet fühle, Ungläubige, Homosexuelle und anderes Gesocks stante pede in den Orcus zu schicken oder aber ein netter, hilfsbereiter Nachbar zu sein (leider scheint es so zu sein, dass die erstere Variante interpretativ die näherliegende ist, was denn bei einer archaischen Stammesmoral nicht weiter überraschen sollte). Dass im übrigen die meisten ihre Mitmenschen nicht hinmetzeln trotz religiöser Aufforderung zu derselben, liegt an der menschlichen, evolutionären Natur. Das „trotz“ ist wichtig, wie schon Steven Weinberg so treffend auszudrücken wusste: „Religion ist eine Beleidigung der Menschenwürde. Mit ihr oder ohne sie würden gute Menschen Gutes tun und böse Menschen Böses. Aber damit gute Menschen Böses tun, bedarf es der Religion.“ Aber man kann sich nicht ernsthaft mit Religion auseinandersetzen (wie über die Fellfarbe des Osterhasen zu diskutieren müßig ist, vor allem deshalb, weil mein kleines Mädchen auf ein Erfahrungsdatum zu verweisen vermag, das jeglichem Zweifel standhält: Braun) ohne sacrificium intellectus. Allerdings dürfte es da allenthalben nicht allzu viel zu opfern geben. (Und ja, manchmal muss ich meinem Unmut über einen derartigen Quatsch Ausdruck verleihen, damit dieser mir nicht den Schlaf verleidet. Gute Nacht!)


Georg Cavallar: Islam, Aufklärung und Moderne. Stuttgart: Kohlhammer 2017.

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