Meta Klopstock geborene Moller: Briefwechsel mit Klopstock, ihren Verwandten und Freunden. Zweiter Band ~ 1754 bis 1758

Nahaufnahme vom olivgrünen Leinengewebe des Bucheinbands.

Nun, seyd ihr nun zufrieden, daß ich euch wieder so Briefe herschwatze? (nach Meta ihrem Ausdruck) Es sind wunderliche Dinger, meine Briefe, u ich mache die manchmal aus einer / närrischen Ursache noch wunderlicher. Ich denke nämlich, es könnte wohl einmal ein Enkel unserer Enkel, der meine Briefe fände, (ich bin schon manchmal damit gedroht worden) sichs einfallen lassen, sie zu drucken, bloß, weil seine Fr: Grostante (denn ach! Grosmutter wird wohl niemals eine sagen!) Klopstocks Frau gewesen. Wenn sie denn doch auch gar zu natürlich sind; so wird der Schurke das Drucken wohl bleiben lassen. [Metas Brief an ihre Schwester Catharina Margaretha Dimpfel, 12. 9. 1756. S. 522 meiner Ausgabe. Bei der im Brief erwähnten Meta handelt es sich um eine Nichte unserer Margareta Klopstock.]

Dieser Ausschnitt aus ihren Briefen der Ehejahre in Dänemark, wie der erste Teil des zweiten Bandes überschrieben ist (der zweite Teil nennt sich Letztes Lebensjahr in Hamburg, es folgt dann noch ein Nachklang, in dem Klopstocks literarische Verarbeitung von Metas frühem Tod zu finden ist – die Paginierung ist durch beide Bände durchgeführt), enthält so vieles in nuce.

Kultur- bzw. literaturgeschichtlich ist es interessant zu sehen, wie schon Mitte des 18. Jahrhunderts damit gerechnet wurde, dass nach dem eigenen Ableben der briefliche Nachlass gesammelt und gedruckt werden könnte, falls man auch nur einigermaßen bekannt gewesen war oder zumindest Beziehung gehabt hatte zu jemand Bekanntem.

Dann gibt der kurze Abschnitt einen guten Eindruck vom Briefstil Metas: sprachgewandt, präzise und trotzdem locker und oft witzig. Wer will, mag auch hineinlesen, dass Meta ihren frühen Tod im Kindbett voraussah. Allerdings gibt es mindestens einen anderen Brief, in dem sie ihrem Mann und sich viele, viele Kinder prophezeite.

Der Tonfall des Briefs, und der meisten anderen Briefe an ihre beiden Schwestern in Hamburg zeigt, selbst wenn Meta dies nicht immer wieder schreiben würde, dass die paar Ehejahre mit Klopstock, die ihr vergönnt waren, für sie (und wohl auch für ihn) die glücklichsten Jahre ihres Lebens waren, trotz des Umstands, dass man es ihr in Kopenhagen, wo sie zuerst mit ihrem Mann wohnte, und dann auf dem dänischen Land, wohin sie später zogen, nicht immer leicht machte. Die Deutschen mochten den dänischen König stellen und überhaupt den dänischen Hof dominieren – im Volk waren sie wenig beliebt. Doch davon merkt man in Metas Briefen kaum etwas. Immerhin erwähnt sie, dass sie versucht, Dänisch zu lernen.

Gegenüber dem ersten Band hat sich nicht nur Metas Zivilstand geändert. Auch die Adressaten und Adressatinnen ihrer Briefe sind nun andere. Das ist zum Teil natürlich durch die neue Situation bedingt: Da sie nun mit Klopstock Tisch und Bett teilte, brauchte es nur noch selten Briefe an ihn bzw. von ihm an sie. Dafür nehmen ihre vorher kaum vorkommenden beiden Schwestern den Großteil der Briefe aus den Ehejahren in Dänemark ein. Auch das ist logisch, denn nun war es umgekehrt – der tägliche mündliche Verkehr (Meta wohnte bis zur Heirat im Haus ihrer ältesten Schwester) war mit dem Umzug abgebrochen. Interessanter ist aber, dass – jedenfalls, wenn wir dies aus den überlieferten Briefen schließen dürfen – der Verkehr mit Gleim zum Erliegen kommt. Über die Gründe dafür können wir nur spekulieren. War Gleim heimlich eifersüchtig auf das offensichtliche Glück der beiden? War Meta ihm mit ihrem noch in Band 1 leichtfertig dahin geschriebenen Vorschlag, dass es nun an ihm sei, ebenfalls zu heiraten, auf den Schlips getreten?

Doch der zweite Teil des Buchs nimmt nicht nur einen Ortswechsel vor. Meta dringt auch literarisch in neue Gefilde ein. Über einen Bekannten tritt sie in einen Briefwechsel ein mit dem Superstar der damaligen englischen Literatur, Samuel Richardson. Seinen Antwortbriefen kann man entnehmen, dass er sie durchaus ernst nimmt. Was für ein Briefwechsel hätte daraus entstehen können, wäre sie nicht dem Kindbett-Fluch so vieler Frauen jener Zeit erlegen …

(Empfindsam ist sie ja schon, die junge Frau Klopstock. Neben Richardson ist das neue Drama um Sara Sampson großer Gesprächsstoff der drei geborene Moller-Schwestern – jenes bürgerliche und im Stil der Empfindsamkeit gehaltene Trauerspiel Lessings – er wird aber nicht beim Namen genannt –, das auch in Hamburg aufgeführt wird. Auch da wieder die Spekulation, wie sie und ihr Mann sich hätten – auch literarisch – entwickeln können, wenn da ein Kontakt zu Lessing hergestellt worden wäre. Doch er sollte erst beinahe zehn Jahre nach Metas Tod in Hamburg am Theater wirken.)

Auffällig ist, um zum Schluss zu kommen, das Fehlen gewisser, sehr frommer Briefe, die Klopstock in Margaretas Hinterlassenen Schriften abdrucken und seiner eigenen Werkausgabe beifügen ließ. Wahrscheinlich hatte er sie für den Abdruck aus den Händen gegeben und nicht mehr zurück erhalten. Dafür enthält der vorliegende Briefwechsel in der kurzen Coda noch einmal ungefahr dieselben Oden Klopstocks, mit denen er auch den Band der Hinterlassenen Schriften zu einem ganzen Buch vergrößerte.

Margareta, so können wir aus diesem Briefwechsel schließen, war kein literarisches oder kulturgeschichtliches Schwergewicht. Aber allenfalls hätte sie eines werden können. Sie hatte das Zeug, eine solche Persönlichkeit zu entwickeln. Ihr früher Tod hat das verhindert.

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