Es ist Asimov zu Gute zu halten, dass er weiss, wann er womit aufhören muss. Zwar besteht auch Foundation and Empire immer noch aus mehreren, nur durch den allgemeinen Handlungsstrang einer Geschichte der Foundation verbundenen Stories. (Es sind allerdings nur zwei, nicht mehr fünf.) Aber wenn die Erzählungen des ersten Bands im Grunde genommen immer wieder dasselbe Muster wiederholten (schwache Foundation trickst starken Gegner durch Intelligenz und Schlauheit aus, nicht durch eigene militärische Macht – was ich (vor allem letzteres!) auch in sich durchaus als positiv werten würde), so ändert er nun seine Taktik für den zweiten Teil.
Denn nun ist es die Foundation selber, die bereits 300 Jahre nach ihrer Gründung die ihren Sektor der Galaxis dominierende Macht geworden ist. Innerlich aber ist sie zerrissen, weil korrupt und oligarchisch geführt. Also ungefähr so, wie vorher ihre Gegner waren.
Der General
Die erste Erzählung schildert denn auch die erste Niederlage der Foundation. Im zerfallenden Kaiserreich stehen nochmals zwei starke Gestalten auf, eigentlich drei. Da ist der Kaiser selber, Cleon II., der zwar physisch krank, psychisch aber durchaus auf der Höhe der Intrigen an seinem Hof ist. Brodrig, dessen Sekretär und Vertrauter – ein Emporkömmling, unbeliebt am Hof. Und Bel Riose, der „galaktische General“ – der letzte echte General des Empire, der seinen militärischen Oberbefehl in der an die Foundation angrenzenden Region dazu benutzen will, die Foundation (wieder) zu unterwerfen. Gleich zu Beginn zeigt Asimov die Hilflosigkeit der führenden Persönlichkeiten der Foundation. Sie sind darauf angewiesen, dass die unbeliebten „Trader“ versuchen, Riose zu stoppen. „Trader“ sind im aktuellen System der Foundation jene, die an den Grenzen im Kontakt und im Handel mit andern Welten ihr Leben riskieren, damit die „Merchant Princes“, die in der letzten Erzählung von Band 1 die Macht in der Foundation übernommen haben, und die ursprünglich selber ihr Leben dort draussen riskierten, inzwischen aber zu Bürohengsten mutiert haben, ihren fetten Profit einstreichen können.
Es findet sich dann tatsächlich ein Trader, und tatsächlich kann er sowohl den General wie auch die Behörden in Trantor, der Hauptstadt des Empire, austricksen. Fast, jedenfalls. Er scheitert, und kann gerade noch durch Flucht und Erschiessen eines Polizisten seine Haut retten. (Diesen von einem „Good Guy“ verursachten Toten unterschlägt Paul Krugmann übrigens in seiner Einleitung zu meiner Ausgabe – er kennt nur den in der zweiten Erzählung folgenden, und macht so die Trilogie noch unblutiger, als sie wirklich ist.) Es zeigt sich, dass alle seine Bemühungen im Grunde genommen sogar kontra-produktiv waren, beinahe zur Katastrophe geführt hätten. Verhindert wurde diese – völlig unabhängig von den Bemühungen der Foundation-Leute – durch die Gesetze der Psychohistorie. Nach denen war offenbar Bel Riose von Beginn weg zu seinem Schicksal verdammt: der Hinrichtung durch den Kaiser, der keinen starken General dulden konnte, weil sonst seine eigene Position hinfällig geworden wäre. Ob sich so ein Gesetz formulieren lässt, wage ich zu bezweifeln. Asimov jedenfalls benötigt es für seine Story.
Im Übrigen nähert sich Asimov hier am offensichtlichsten jenen „Historikern“, die eine zyklische Wiederkehr der geschichtlichen Ereignisse postulieren (Toynbee, Spengler et al.). Er hat die Geschichte des galaktischen Generals nämlich einem sehr reellen General nachgebildet. Wir haben hier – teilweise sogar mit nur unwesentlichen Abwandlungen in der Namensgebung! – die Geschichte des byzantinischen Generals Belisarius und seines Kaisers Justinian I. vor uns. Eine Geschichte, die Asimov nicht nur durch Gibbons The History of the Decline and Fall of the Roman Empire kannte, sondern offenbar auch durch eine kürzliche Lektüre von Robert Graves‘ Roman Count Belisarius.
Das Maultier
Da doch tatsächlich die Psychohistorie die Foundation gerettet hat, ohne dass sie etwas dazu tun musste, steigt der Glaube an die Unfehlbarkeit Hari Seldons ins Unermessliche. Es ist tatsächlich in diesem zweiten Band so, dass die Leute der Foundation selber der Meinung sind, Hari Seldon hätte ihnen noch jedesmal geholfen, ihnen noch in jeder Krise den richtigen Tipp gegeben. (Dem war tatsächlich nicht so, und dass dieser volkstümliche Glaube einer fiktiven Bevölkerung in Zusammenfassungen und Kritiken des Textes als narratorische Realität Eingang findet, zeichnet ein schlechtes Bild der Lesegenauigkeit des Publikums…)
Jahre später steht die Foundation vor der nächsten Herausforderung. Nicht nur hat sich die Spaltung zwischen den „Merchant Princes“ und den „Traders“ weiter vergrössert – so sehr vergrössert, dass ein Bürgerkrieg droht – es taucht eine Gefahr von aussen auf. Das alte Kaiserreich ist mittlerweile gänzlich zerfallen, aber in unmittelbarer Nähe der Foundation erscheint ein Emporkömmling, das Maultier, und unterwirft Sonnensystem um Sonnensystem seiner Herrschaft. Die Foundation findet kein Gegenmittel. Schliesslich steht das Maultier unmittelbar an ihren Grenzen. In ihrer Not hoffen die führenden Leute beider Parteien darauf, dass Hari Seldon einmal mehr als Holografie aus dem Grab aufsteige und ihnen den entscheidenden Tipp zur Bewältigung ihrer Krise gebe. Wie gross ihr Entsetzen, als Hari Seldon tatsächlich erscheint – aber die Krise, die er beschreibt, ist der vom Maultier mittlerweile unterdrückte Bürgerkrieg! Hari Seldon konnte das Maultier nicht vorhersehen, da er Einzelwesen nicht in seine Berechnungen einbeziehen konnte. Diese haben gemäss seinen Voraussetzungen in der Masse einen zu geringen Einfluss. Das Maultier aber ist ein Mutant, und Mutationen lassen sich nicht vorher berechnen. In diesem Moment des Schreckens fallen dann auch die Raumschiffe des Maultiers auf Terminus ein.
Jetzt erinnern sich die wenigen Widerstand Leistenden der sog. Zweiten Foundation, die bisher weitgehend vergessen worden war. Doch man weiss von ihr nur, dass sie am „Ende der Sterne“ gegründet worden sein soll. Toran und Bayta Darell (ja: in diesem Teil spielt nun auch eine Frau eine Hauptrolle!) machen sich zusammen mit Ebling Mis, dem besten Psychologen, den die erste Foundation zu bieten hat, und einem sich auf der Flucht vor dem Maultier befindlichen Clown namens Magnifico Giganticus auf die Suche. In der Bibliothek von Trantor, die trotz des Zusammenbruchs des Kaiserreichs noch immer intakt ist, gelingt es Mis, den Aufenthaltsort der zweiten Foundation zu finden. Bayta Darell erschiesst ihn, bevor er den Ort mitteilen kann, denn sie hat mittlerweile herausgefunden, dass der Clown niemand anders ist als das Maultier persönlich. Auch er ist nämlich auf der Suche nach der zweiten Foundation, die er als einzige noch existierende Bedrohung seines Reichs ansieht. Seine mutierten Fähigkeiten bestehen vor allem darin, die Gefühle und Befindlichkeiten der Menschen auf grosse Distanzen manipulieren zu können. Nur Bayta Darell hat er nicht manipuliert, weil sie ihn von Anfang an mochte. Ein Fehler, wie sich nun herausstellte.
Hier endet der zweite Teil. Die Foundation steht unter der Herrschaft des Maultiers, das diese Ecke der Galaxis unter einem Hut zusammenfasst, und sich deshalb als legitimen Erben des Jahrtausendplans auffasst, den er sogar weit vor dessen Zeit vollendet hat. Ein echter Cliffhanger diesmal also.
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