Biberach – Lichtenstein – Tübingen

Es gibt ganz verschiedene Arten, wie ein Ort mit Schriftstellern umgehen kann, die ihn berühmt gemacht haben. Als Beispiel hier die von mir kürzlich besuchten Orte bwz. Sehenswürdigkeiten Biberach, Lichtenstein und Tübingen.

Biberach verdankt seine Berühmtheit ausschliesslich Christoph Martin Wieland. Wie ich das Städtchen vor ein paar Jahren besuchte, war gerade Wielands Gartenhäuschen – ehemals vor der Stadt gelegen, nun längst in einem Stadtteil integriert – renoviert und zu einer Gedenkstätte umgestaltet worden. Vom merkwürdigen Kunstwerk abgesehen, das den so nicht mehr vorhandenen Originalfluss andeuten sollte, ein durchaus gelungenes Unternehmen. Im Zentrum war damals noch das Stadt-Wohnhaus Wielands ausgeschildert; die Zeit reichte damals leider nicht mehr, und ich musste es für später beiseite lassen. Neulich nun wäre später gewesen, aber wer beschreibt mein Erstaunen, als ich das Haus nicht mehr fand. Im allgemeinen städtischen Museum wurde mir dann erklärt, dass es an Private verkauft und die dort gelegene Ausstellung ins Gartenhaus verlegt wurde. Ich stellte mir innerlich sofort vor, dass Weimar das Wohnhaus Schillers verkauft und alle Exponate am Frauenplan bei Goethe unterbringt.

Schloss Lichtenstein hinwiederum verdankt seine Bekanntheit einem einzigen Roman eines einzigen Autors: Lichtenstein von Wilhelm Hauff. Heute zwar kaum noch gelesen, kaum noch bekannt. (Ich besitze zwei Werkausgaben, bzw. Auswahlausgaben von Hauff. Die eine – zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts – mit Lichtenstein, aber ohne die Märchen, die andere, 50 Jahre jünger, mit den Märchen aber ohne Lichtenstein. Man sieht, wie sich die Rezeption eines Autors und der literarische Geschmack wandeln können.) Schloss Lichtenstein kann heute besichtigt werden, und auch wenn an der Kasse die üblichen Kinkerlitzchen wie Lichtenstein-Holzschwerter für die Kids verkauft werden, so sind doch sowohl der Roman alleine (in der Reclam-Ausgabe) wie eine Ausgabe des Romans zusammen mit den Märchen dort erhältlich. Man weiss also durchaus, was man seinem Autor schuldig ist. (Das mag auch daran liegen, dass neben gestressten Eltern mit ihren Kindern vor allem ältere, pensionierte Semester sich dorthin verirren.)

Tübingen schliesslich pflegt nochmals einen andern Umgang mit seinen Autoren. Das liegt auch daran, dass diese dort im wahrsten Sinne des Wortes ‚zu Hauff‘ gelebt haben und jede zweite Strasse den Namen eines bekannten Autors trägt. Tübingen ist noch heute eine blühende Universitätsstadt, und vielleicht rührt der unbekümmerte Umgang mit der Prominenz auch von daher. Ohne Stadtführer ist es unmöglich, alles und alle zu finden; ich selber bin nur aus reinem Zufall über eine Inschrift an einem Haus gestolpert, die dieses als Wohnhaus des Studenten Hauff auszeichnete.

PS. Zur Rettung der Ehre Biberachs sei angemerkt, dass eine dortige Cafeteria ein ausgezeichnetes Keller-Bier braut. Leider scheint es nur in wenigen Restaurants im Ort ausgeschenkt zu werden.

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