Band 2 der lateinisch-deutschen Ausgabe, ebenfalls herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Peter Rau, ebenfalls 2007 bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt erschienen, enthält vier heute weniger bekannte Stücke von Plautus.
Bacchides
Nach einem Stück Menanders, dessen Titel auf Deusch Der Doppelbetrüger lauten würde, das aber nicht überliefert ist. Was zu der den Philologen Rau quälenden Frage führt, was Plautus im Gegensatz zu der Vorlage geändert hat; bei Plautus wird nämlich der alte Nicobulus von seinem Sohn bzw. dessen Sklaven sogar dreimal übers Ohr gehauen. Im Übrigen verwendet das Stück recht konventionelle Versatzstücke der damaligen Komödie: ein junger Liebhaber, ein gerissener und skrupelloser Sklave, die Überlistung des Vaters, die Tatsache, dass die Alten mindestens so geil sind wie die Jungen.
Allerdings enthält Bacchides auch ein Glanzstück des Plautus, in Form der (heute würde man sagen) Bravourarie des Sklaven, worin dieser sehr geschickt die Geschicke Trojas mit denen seiner Familie vergleicht.
Captivi
Nach Amphitruo ein weiteres Stück von Plautus, dem dieser selbst im Prolog (und im Epilog) die Qualifizierung als Komödie abspricht: Kein Dutzendstück ist’s und keins, wie die übrigen. Tatsächlich würde ein Begriff wie ‚bürgerliches Schauspiel‘ eher zutreffen.
Im Krieg zwischen den Eleern und den Aletoiern ist der Sohn des alten Hegio in gegnerische Gefangenschaft geraten und ihm droht nun ein Leben als Sklave. Um ihn allenfalls auslösen zu können, kauft Vater Hegio seinerseits gegnerische Kriegsgefangene. Er kann einen vornehmen jungen Eleer und dessen Sklaven erwerben. Wie er nun den Sklaven nach Elea zurück schicken will, wird er – auf Betreiben des Sklaven – von den Beiden betrogen, die ihre Identitäten austauschen. Die Meinung des Sklaven ist es selbstverständlich, dass der junge Eleer sich in der Heimat ganz einfach in Sicherheit bringt, ohne dem alten Hegio seinen Sohn zurück zu erstatten. Der junge Mann aber handelt anders: Er bringt nicht nur den kriegsgefangenen Sohn als freien Mann zurück, sondern sogar noch den andern Sohn, den ein verräterischer Sklave vor Jahren entführt hatte. Es folgt ein grosses Happy Ending für alle ausser dem verräterischen Sklaven.
Ben Jonson und Calderón haben das Drama adaptiert. Lenz hat es übersetzt; allerdings ist diese Übersetzung verloren gegangen. Lessing lobte es in höchsten Tönen (das vortrefflichste Stück … welches jemals auf den Schauplatz gekommen ist), was Rau seinerseits als Urteil bezeichnet, das wohl etwas hoch greift. Das stimmt – aber nur, wenn man den Blick einzig auf Plautus gerichtet hat. Lessing hat wohl auch das Potenzial gesehen, das er selber dann in seinem Nathan voll ausgeschöpft hat: ein Drama um Edelmut, verschollene Kinder und (wie wir es heute nennen würden) Humanität.
Casina
Dies wiederum ein traditionelleres Stück. Ein vom Geld seiner Frau abhängiger Alter ‚verliebt‘ sich in eine Sklavin, in die sich auch der Sohn verliebt hat. Der Alte versucht mit verschiedenen Intrigen, die Sklavin an seinen Hausmeister zu verheiraten, weil er so das ‚ius primae noctis‘ geltend machen könnte.
Ein Stück von recht derber Komik, das aber vor allem im 16. Jahrhundert Nachahmer fand – unter ihnen sogar einen Machiavelli, desse Clizia um 1506 entstand.
Cistellaria
Nur fragmentarisch überliefert. Nach Motiven des Menander. Eine Komödie um eine Kindesaussetzung, Suche und Wiedererkennung.
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