Die mit Abstand besten Beiträge waren jene über die Evolution des Menschen, wobei der Werkzeugerstellung, den Anpassungen an Umweltbedingungen, der Entwicklung der Kulturfähigkeit, den „Besonderheiten“ des Menschen bzw. seiner geschichtlichen Rekonstruktion über Fossilien eigene Kapiteln gewidmet waren. Das sind großteils ganz hervorragende Übersichtsdarstellungen, die die Entwicklung vom Australopithecus bis zum Homo sapiens in kultureller und biologischer Hinsicht nachzeichnen, wobei auch ethologische Untersuchungen herangezogen werden, um die erwähnten Besonderheiten des Menschen (so vorhanden, denn vieles, was vorgeblich den Menschen ausmacht, hat sich als anthropozentrischer Wahn herausgestellt) aufzuzeigen.
Gerade dieser letzte Punkt kann gar nicht genügend herausgestrichen werden: War bereits für Darwin die Rückführung des Menschen auf seine tierischen Wurzeln eine Aufgabe, die nur gegen stärksten Widerstand durchgesetzt werden konnte, gibt es auch noch heute ähnlich starke Ressentiments, was etwa unseren bzw. den „Geist“ (was immer das sei) der Tiere anlangt. Im Grunde handelt es sich noch immer um dasselbe Problem: Man möchte den Menschen vom Tier trennen, ihm Eigenschaften zusprechen, die spezifisch menschlich seien und damit seine Ausnahmestellung in gesellschaftlicher, moralischer (bzw. theologischer) Hinsicht festigen. Das ist heute wie damals veritabler Unsinn, es kann gar keine Eigenschaft des Menschen geben, die nicht in rudimentärer Form bereits im Tier (bzw. im gemeinsamen Vorfahren von Mensch, Schimpanse und Bonobo) angelegt wäre.
Insofern sind die erwähnten Artikel über die Menschwerdung von ungebrochener Aktualität. Und es sind häufig gerade Philosophen, denen eine solche Lektüre anzuraten wäre. Denn es mag zwar zur philosophischen Allgemeinbildung gehören, mit den platonischen Dialogen einigermaßen vertraut zu sein, noch ungleich wichtiger aber ist es, die in der Philosophiegeschichte auftretenden Irrtümer aufgrund naturwissenschaftlicher Erkenntnisse als solche Irrtümer auszuweisen und alle Spekulationen über das Menschsein auf eine solche naturwissenschaftliche Basis zu stellen. Dass selbstredend auch Theologen eine solche Lektüre zu empfehlen wäre, liegt auf der Hand: Allerdings müsste für ein tieferes Verständnis ein solcher von seinen dogmatischen Grundlagen absehen, Grundlagen, die für ihn konstituierend sind. Anthropologie oder Evolution sind mit der Theologie nur durch Orwellsches Zwiedenken in einer Person vereinbar: Obschon dergleichen öfter beobachtet werden kann als man vermuten möchte. – In jedem Fall ein empfehlenswertes Sammelwerk, wenngleich in Teilen überholt.
Schiefenhövel, Vogel, Vollmer, Opolka (Hrsg.): Vom Affen zum Halbgott. Bd I. Stuttgart: Thieme 1994.