Damit ist schon der Hauptkritikpunkt angesprochen: Die Artikel ermangeln völlig eines inneren Zusammenhangs, zumeist wird nur eine Quelle zitiert und im Anschluss interpretiert, wobei manchmal Interpretation durch bloße Beschreibung ersetzt werden muss. So gibt es unter der Überschrift “Ritualkritik” einen Beitrag über das “Lichter-Ritual” im Hinduismus, in dem das Wort Kritik noch nicht einmal erwähnt wird: Die Autorin verbleibt völlig auf der deskriptiven Ebene. Andere Unterteilungen (“Mit Ritualen Grenzen ziehen und überwinden”) wirken konstruiert (und weshalb das Ritual der “Goldenen Bulle” dort und nicht im Kapitel über Herrschaft erscheint bleibt ein Geheimnis der Autoren).
Außerdem mangelt es dem Buch an einer umfassenderen Einleitung: Der Begriff des Rituals bleibt weitgehend ungreifbar, Zusammenhänge zwischen den Beiträgen sind kaum erkennbar. Man hat den Eindruck, dass sich hier einige Wissenschaftler bemüßigt gefühlt haben, das Ergebnis einer Zusammenarbeit (oder eines Symposiums) in einem Band zu dokumentieren, auch wenn es nicht wirklich viel zu dokumentieren gab. So sind das bestenfalls einzelne Beiträge, die für Fachkollegen möglicherweise von Interesse sind (diese wären aber in einer Fachzeitschrift sehr viel besser aufgehoben), das Buch als gesamtes ist aber eine disparate Mischung aus zumeist wenige Seiten umfassenden Artikeln, die den Zeitraum von den Babylonieren bis zu 9-11-2001 umfassen, ohne auch nur einen kleinen Bereich der “Welt der Rituale” eingehender zu analysieren. Geeignet für Studenten der Geschichte, die die Mindestzahl der zu zitierenden Fachbücher noch nicht erreicht haben für ihre Seminararbeit …
Stefan Weinfurter u. a.: Die Welt der Rituale: Von der Antike bis heute. Darmstadt: WBG 2005.