Moses Mendelssohn: Ausgewählte Werke. Studienausgabe. Band II: Schriften zu Aufklärung und Judentum 1770-1786

Glanz und Elend der Berliner Aufklärer lässt sich nirgends so gut feststellen, wie in Mendelssohns Schriften aus den letzten anderthalb Jahrzehnten seines Lebens. Glanz – in seiner Verteidigung des eigenen Glaubens. Elend – in der Theologie, die diesem Glauben zu Grunde lag. Anders, als der Titel des zweiten Bandes der Werkauswahl suggeriert, beginnt unsere Lektüre…

Erasmus von Rotterdam: In novum testamentum praefationes / Vorreden zum Neuen Testament. Ratio / Theologische Methodenlehre

Firmianus Lactantius, bester Leser, dessen Sprache Hieronymus in einzigartiger Weise bewundert, äußert, als er sich eben anschickte, die christliche Religion gegen die Heiden in Schutz zu nehmen, vor allem den Wunsch, daß ihm eine Beredsamkeit verliehen werde, die der des Tullianers nahe komme, wobei er sich, wie ich glaube, dieser Gleichstellung als unwürdig erachtete. (S….

Gustav Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit (3)

Dies ist in meiner Ausgabe der letzte Band des ehemals so berühmten Werks. Ich vermute, die vier Bände, die gemäss Wikipedia existieren sollen, sind bei mir ganz einfach in deren drei zusammengequetscht worden. Jedenfalls setzt der Autor noch einmal beim Ende des Dreissigjährigen Kriegs an, beim Westfälischen Frieden. Freytag zeichnet nochmals ein Bild des ‚kleinen…

Gustav Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit (2)

Als Gustav Freytag seine Bilder aus der deutschen Vergangenheit schrieb, befand sich das Deutsche Reich gerade in der Endphase seiner Konstituierung. Noch wehrten sich vor allem die süddeutschen Staaten gegen eine Hegemonisierung durch Preußen; ein gross-deutsches Reich unter Einbezug der deutschsprachigen Teile von Österreich-Ungarn war bereits vom Tisch. Freytags Bilder sind denn (auch) Parteinahme. Der…

Gustav Freytag: Bilder aus der deutschen Vergangenheit (1)

Noch vor 80, 90 Jahren zählten Gustav Freytags Werke zum Inventar des klassischen Bildungsbürgertums. Seither geriet er rapide in Vergessenheit; allenfalls an seinen Roman Soll und Haben erinnert man sich noch. Dieser Roman ist allerdings heute verrufen, gilt er doch als Musterbeispiel des Anti-Semitismus des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich sind es in diesem Roman vorwiegend die…

Edmond & Jules de Goncourt: Journal. [Band 11: 1894-1896 / Beibuch / vorläufige Schlussbemerkungen]

Band 11: 1894-1896 Ironie des Schicksals: In den hier dokumentierten zweieinhalb Jahren vor seinem Tod hat sich Edmond bedeutend besser gefühlt als noch die drei Jahre davor. Seine Leberkoliken tauchen nur noch selten auf. Edmond, ansonsten ein unverbesserlicher Hypochonder, der seit Jahren und bei jeder Erkältung mit seinem baldigen Tod rechnet, plant im Frühling 1896…

Edmond de Goncourt: Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben. 10: 1891-1893

Literarisch gesehen – denn um Erinnerungen aus dem literarischen Leben handelt es sich bei den Goncourt-Tagebüchern ja gemäss deutschem Untertitel – literarisch gesehen also zeichnet sich das Jahr 1891 dadurch aus, dass Edmond de Goncourt die Symbolisten zum ersten Mal als etwas Eigenständiges wahrnimmt. Er sieht in ihnen einerseits eine gegen die ‚Parnassiens‘ gerichtete Bewegegung,…

Hannes Stein: Der Komet

»I bin doch ned deppat, i fohr wieder z’haus!«, mit diesen Worten dreht sich der österreichische Thronfolger in Sarajewo nach dem ersten gescheiterten Attentatsversuch (28. Juni 1914) auf dem Absatz um und fährt wieder nach Hause. (Klappentext) Das hat Konsequenzen. Bzw.: eben keine Konsequenzen. Der Erste Weltkrieg fällt aus. Weil der Erste nicht stattfand, gibt…

John Wyndham: The Midwich Cuckoos [Es geschah am Tage X … auch: Kuckuckskinder]

Midwich in den Midlands: Der Name der Lokalität, in der dieser Roman praktisch zur Gänze spielt, ist Programm. Alles irgendwie in der Mitte, in der Normalität, in der Regularität. Der Held des Romans – für einmal nicht der Ich-Erzähler – stammt ebenfalls aus der Mitte: aus der gebildeten Mittelklasse, die sich einen gewissen Luxus auf…

Josef Nadlers Historisch-Kritische Ausgabe der Werke Hamanns

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erschien die Historisch-Kritische Ausgabe der Werke von Johann Georg Hamann. Alleiniger Herausgeber war Josef Nadler. Dieser Name hat in der Germanistik einen äusserst üblen Geruch an sich. Nadlers Hauptwerk war die Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften, erstmals 1912-1928 erschienen. Nadler versucht darin, die Beiträge einzelner Dichter zur deutschen Literatur…