Onur Erdur: Schule des Südens. Die kolonialen Wurzeln der französischen Theorie.

Verblüfft an diesem Werk hat mich schon der Titel: Philosophisch nicht gänzlich unbedarft war mir nicht ganz klar, was Erdur da unter „französischer Theorie“ versteht bzw. zu verstehen vorgibt. Denn die hier versammelten Philosophen, die er auf ihre koloniale Vergangenheit (resp. deren Einfluss auf ihr Werk) zu untersuchen sich vornimmt, haben auf den ersten Blick…

Leconte de Lisle: Poèmes barbares

Barbarische Gedichte – damit ist nicht Lyrik gemeint, die schlecht gefügt ist, brutale bzw. unanständige Themen präsentiert oder was wir auch immer an Negativem mit dem Wort ‚barbarisch‘ verbinden. Im Gegenteil: Auch wenn Leconte de Lisle manchmal (selten!) den Reim etwas erzwingt (zum Beispiel ein kurzes ‚o‘ auf ein langes reimt), so sind hier doch…

Paul Valéry: Poésies

Paul Valéry war der letzte französische Lyriker, der vom Ertrag seiner Gedichte leben konnte, der letzte europäische Lyriker vielleicht und wohl auch der letzte der Welt. Er war schon zu Lebzeiten nicht nur als Dichter, sondern auch als Denker hochgeachtet, weit über die Grenzen des französischen Sprachraums hinaus. Rilke und Celan übersetzten Texte von ihm…

Friederike Mayröcker: lämmchens biscuit

Vorliegendes schmales Büchlein wurde 2021 / 2022 speziell für die Büchergilde zusammengestellt. Es enthält Gedichte / Texte aus folgenden Veröffentlichungen von Friederike Mayröcker: da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete (2020), études (2013), cahier (2014), fleurs (2016) – in der Reihenfolge, wie sie hier abgedruckt wurden. Sie stammen also alle aus den letzten Lebensjahren…

Stanisław Lem: Phantastik und Futurologie I

Am 12. oder 13. September 1921 kam Stanisław Lem zur Welt. Das Geburtsdatum variiert je nach Quelle; es geht das Gerücht, Lem hätte seine Geburt vom 13. auf den 12. September vordatiert aus Gründen des Aberglaubens. Sei dem, wie dem sei – nach 100 Jahren spielt das keine große Rolle mehr, und ich bilde mit…

Roland Barthes: Die Lust am Text

Um Roland Barthes kam man zu meiner Zeit im Studium nicht herum. Genauer: in einem literaturwissenschaftlichen Studium. Die Philosoph:innen und auch die Sprachwissenschaftler:innen konnten mit dem französischen Poststrukturalismus, und somit auch mit Barthes, wenig anfangen. Nach langen Jahren habe ich ihn nun wieder einmal ausgegraben. Noch heute verstehe ich die Faszination, die er auf Literaturwissenschaftler:innen…

John Carey: Haß auf die Massen. Intellektuelle 1880 – 1939

Vorweg: Der deutsche Titel ist einfach nur reißerisch und gibt in keiner Weise den des englischen Originals wider: „The Intellectuals and the Masses. Pride und Prejudice among the Literary Intelligentsia“. Dies entspricht auch sehr viel besser dem Inhalt des Buches, das sich hauptsächlich mit den englischen Literaten des angegebenen Zeitraumes beschäftigt (weniger mit den Philosophen…

Roland Barthes: Mythen des Alltags

In dieser Diskussion wurden mir die „Mythen des Alltags“ nahegelegt, ein Buch, das ich vor rund 30 Jahren schon einmal gelesen habe (wovon unzählige Anmerkungen zeugen). Barthes zählt zu den Poststrukturalisten, stark beeinflusst war er durch die semiologischen Arbeiten F. de Saussures. Das Buch besteht aus zwei Teilen: Aus kurzen Texten, die Barthes in den…