Ralf Rothmann: Milch und Kohle

Rothmann gelingt hier etwas, das man manchmal auch bei Erstlingswerken beobachten kann: Eine authentische, dichte Atmosphäre zu erzeugen, die das Buch durchgehend zu einem Erlebnis werden lässt. Erzählt wird in der Ich-Form über das Leben einer Familie in den 60er Jahren im Ruhrgebiet, der Vater Bergarbeiter, die Mutter Hausfrau, einer der beiden Söhne Epileptiker (und…

Rudolf Taschner: Die Mathematik des Daseins

Taschner ist ein mittlerweile recht bekannter Sachbuchautor – und das wirkt sich auch auf seine Produktion aus – nämlich in negativer Weise. Entgegen früherer Bücher, die oft anspruchsvoll und auch originell waren, liest sich dies hier wie ein – etwas öder – Aufguss diverser mathematischer Themen, die mehr oder weniger mit Spieltheorie zu tun haben….

Wolfgang Rother: Verbrechen, Folter, Todesstrafe

Pietro Verri und Cesare Beccaria sind bestenfalls einigen wenigen Philosophen und Juristen bekannt, die sich mit der Aufklärung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auseinandersetzen. (Noch unbekannter ist der „deutsche“ Beccaria, Karl Ferdinand Hommel, der in Leipzig tätig war.) Dabei kommt gerade den beiden Italienern das Verdienst zu, als erste sowohl auf die Unmenschlichkeit…

Carlo Emilio Gadda: Die Erkenntis des Schmerzes

Nur selten habe ich mir schwerer getan bei der Beschreibung, Bewertung eines Romanes. „Die Erkenntnis des Schmerzes“ ist ein seltsames Stück Literatur, vielleicht unübersetzbar (aber das vermag ich mangels Kenntnis des Italienischen nicht zu beurteilen), es ist Fragment (zumindest gibt es einen später entstandenen Schluss, der in die Romanausgabe nicht aufgenommen wurde) und besteht aus…

Harry Graf Kessler: Gesichter und Zeiten

Hier handelt es sich um den ersten Band der „Gesammelten Schriften“ von Harry Graf Kessler (1868 – 1937), der aufgrund seiner Herkunft zu den höchsten Kreisen Zugang hatte (der Taufpate seiner Schwester war Kaiser Wilhelm I.), mit sehr vielen bekannten Künstlern Umgang pflegte und aufgrund seiner politischen Gesinnung auch als „roter Graf“ bezeichnet wurde (was…

Gary Cox: Wie werde ich Philosoph?

Schon der Titel verrät, dass es sich hier nicht um eine philosophische Studie mit besonderem Tiefgang handelt, zu deren Verständnis umfangreiche Spezialkenntnisse notwendig wären. Aber ich habe ein gewisses Faible für solche semi-philosophischen Bücher, die denn häufig auch einiges Interessantes zu bieten vermögen. Und als so ganz misslungen würde ich dieses Werk denn auch nicht…

Julia Iwersen: Gnosis

Ein Buch über die Gnosis zu schreiben ist kein leichtes Unterfangen: Es gibt unzählige Strömungen, divergierende Weltbilder, relativ wenige Quelltexte (weshalb man häufig auf die gegnerischen – christlichen – Quellen zurückgreifen muss) und schwer verständliche, metaphysische Konstruktionen. Der Autorin gelingt es zwar nicht immer, diese disparaten Teile in eine übersichtliche Darstellung zu bringen, allerdings liegt…

Karl Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen

Der Untertitel dieses Buches lautet „Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie“ und präzisiert den Titel, der eigentlich Weltgeschichte vs. Heilsgeschehen lauten müsste oder zumindest könnte. Löwith skizziert die geschichtsphilosophischen Entwürfe in umgekehrter, chronologischer Reihenfolge: Von Burkhardt bis Augustin und Orosius, wobei er dann noch Ausführungen zur biblischen Auslegung der Geschichte anschließt. Diese a-chronologische Konzeption ist m….

Franz M. Wuketits: Was Atheisten glauben

Dieses Buch unterscheidet sich von vergleichbaren Werken dadurch, dass es auf eine ausführliche, philosopische Analyse von Gottesbeweisen (wie etwa bei Mackie) oder philologische Untersuchungen (wie bei Flasch) weitgehend verzichtet, sondern vielmehr die Gründe darlegt, weshalb ein wissenschaftlich auch nur halbwegs gebildeter Mensch heute schizophreniefrei nicht mehr an Gott glauben kann. Und Wuketits führt Gründe an,…

Dino Buzzati: Die Tatarenwüste

Schon nach wenigen Seiten weiß man: Ohne Kafka wäre das so nie geschrieben worden. Das muss nun noch nichts bedeuten, auch wenn gerade Kafka-Epigonen sich in besondere Gefahr begeben: Denn es reicht nicht, surreale Traumwelten zu erschaffen, man muss sie sprachlich als auch – und vor allem – inhaltlich bewältigen, wovon die zahlreichen (mediokren) Traumsequenzen…