Perelandra ist das Mittelstück der den gleichen Namen tragenden Trilogie von C. S. Lewis, die dem Genre ‚Science Fiction‘ zuzuordnen ich Bedenken trage. Band 1 zwar, Jenseits des schweigenden Sterns, kann man noch einigermaßen problemlos als SF bezeichnen. Immerhin gibt es den bösartigen Erfinder, eine Reise zu einem anderen Planeten, mehrere Spezies von Aliens (darunter eine, die eine Art Geistwesen vorstellt – was in der trivialeren Science Fiction der Zeit durchaus nichts Ungewöhnliches war) und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Allerdings gibt es auch da schon Abweichungen, indem die Geistwesen ganz eindeutig mit den christlichen Engeln identifiziert werden, und der böse irdische Engel, der die Erde vom Verkehr mit dem übrigen Universum abgeschnitten hat, ist eindeutig Satan. Aber darüber kann man in Band 1 noch halbwegs hinweg lesen und hat dann eine, zwar seltsame, aber doch einigermaßen ’normale‘ Science-Fiction-Story vor sich.
In Band 2 geht das bereits nicht mehr. Wir finden zwar immer noch Elemente von Science Fiction. Abermals reist Alwin Ransom von der Erde zu einem anderen Planeten. Seit der ersten Reise sind ein paar Jahre vergangen; England befindet sich im Krieg mit Deutschland; dieser Krieg wird zwar ein paar Mal erwähnt, spielt aber keine Rolle für die Geschichte. Diesmal ist das Ziel der Reise nicht Malakandra, der Mars, und diesmal wird Ransom auch nicht vom bösen Wissenschaftler als potenzielles Menschenopfer entführt, sondern er reist freiwillig. Die Reise führt nach Perelandra. Das ist in der Verkehrssprache der Marsbewohner der Planet Venus. Es hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass, was Ransom ursprünglich einfach für die Sprache einer Spezies auf Mars gehalten hatte, tatsächlich die Ursprache aller intelligenten Wesen im Sonnensystem war (Alt-Solarisch!), so, wie er überhaupt ein paar Dinge mehr weiß seit der Reise zum Mars. Ransom stand seit damals in Kontakt und in regem Austausch mit dem Eldil von Malakandra und hat viel von ihm gelernt. (Es wird sich im Lauf des Romans herausstellen, dass auch der böse Wissenschaftler, Weston, mit einem Eldil, nämlich dem bösen Eldil der Erde, in Kontakt stand und ebenfalls gelernt hat.) Der Kampf zwischen Gut und Böse hat sich in der Zwischenzeit zugespitzt. Auf dem Planeten Venus ist unterdessen ein neues Geschlecht von menschenähnlichen Wesen entstanden. Noch sind sie im Stande der Unschuld, wie Adam und Eva, bevor die Schlange Eva zum Genuss der Frucht vom Baum der Erkenntnis verführte. Dieses Mal, auf diesem Planeten, soll es so bleiben, und Ransom wird abgeordnet, um genau dafür zu sorgen.
Einmal mehr reist er also durchs All. Einmal mehr befindet er sich auf eine gänzlich fremden Planeten mit gänzlich anderer Fauna und Flora. (Auch in Perelandra stellt die Beschreibung eben dieser Fauna und Flora den wohl literarisch gelungensten Teil des Romans dar.) Er trifft auf die venusische Eva, die am Körper ganz grün ist und im Übrigen ihren König, also Adam, verloren hat, weil er auf einer der vielen schwimmenden Inseln des Planeten von ihr weg gedriftet ist. Bald taucht auch Weston auf und rasch wird es Ransom klar, dass dieser Weston das ist, was man landläufig als „vom Teufel besessen“ bezeichnet. Er verfügt deshalb über eine gewiefte Rhetorik, eine Begabung, Spitzfindigkeiten anzuhäufen, die völlig plausibel klingen (was die alten Griechen „Dialektik“ nannten – Kunst der Gesprächsführung) und last but not least eine körperliche Ausdauer, die jene Ransoms bei weitem übertrifft. Schon will der Erdenmensch den Kampf verloren geben, als er in einer Art Erleuchtung auf den Gedanken kommt, nicht mit dem Teufel in Rededuellen zu kämpfen, sondern mit dessen irdischem Gefäß in Box- und Ringkämpfen. Es gelingt ihm tatsächlich, den anderen zu besiegen und zu töten.
Erzählt wird die Geschichte über zwei Ecken: Ransom hat den Herausgeber/Ich-Erzähler des ersten Bands, der sich Lewis nennt wie der Autor, ganz am Anfang des Romans zu sich bestellt und ihm von seiner bevorstehenden Abreise zur Venus erzählt; er wird ihm auch nach der Rückkehr seine Erlebnisse erzählen, die Lewis dann zwischen die beiden Treffen mit Ransom in einer Art Binnenerzählung referiert.
Der Roman ist mit viel Symbolik überhäuft, mit mehr noch als zum Beispiel George MacDonalds Lilith, der doch auch eine alternative Schöpfungsgeschichte erzählt. In vielem ist der Einfluss von John Miltons Paradise Lost zu spüren, indem Lewis zwar die Geschichte von einem ‚Paradise Never Lost‘ erzählt, aber ähnlich wie sein Vorgänger sich theologischer Exkurse nicht enthalten kann. Und dass Ransom von seinem Gegner im Kampf in die Ferse gebissen wurde, was eine Wunde verursachte, die nicht mehr zu bluten aufhört, ist derart symbolbefrachtet, dass es einem schon wieder Angst macht.
Bei Teil 1, Jenseits des schweigenden Sterns hatte ich als Fazit Folgendes geschrieben:
Es braucht wohl eine gewisse Liebe für Bizarrerien auch geistig-theologischer Art, um das Buch goûtieren zu können.
Das gilt in noch viel höherem Maß für Perelandra, denn hier beginnt das Theologische über das Literarische überhand zu nehmen und die Handlungsträger werden mehr und mehr zu wandelnden Symbolgestalten.