Teil 3 der so genannten Perelandra-Trilogie ist der bei weitem umfangreichste. So umfangreich in der Tat, dass er in etwa gleich viele Seiten umfasst wie die beiden ersten Teile zusammen. Ein langer Roman also – leider auch ein langatmiger. Nun mag ich lange Geschichten durchaus; ich gehöre zu jenen seltsamen Menschen, die Auf der Suche nach der verlorenen Zeit mit großem Vergnügen gelesen habe, auch wenn dieser Roman noch weniger Handlung aufweist als Lewis‘ Die böse Macht. Der Roman des Engländers aber ist meiner Meinung nach wirklich schlecht. Das hat verschiedene Gründe; ein paar davon werde ich im Folgenden skizzieren.
Da ist zunächst das handelnde Personal. Während die beiden ersten Bücher ein Art Kammerspiel darstellten (das erste, Jenseits des schweigenden Sterns, kennt zwar ein paar nicht unwichtige Nebenfiguren, aber Hauptfiguren sind es genau deren drei: Ransom, der Gute, sowie Devine und Weston als die Bösen; im zweiten Roman tauchen Nebenfiguren sogar erst ganz am Schluss auf – ansonsten gibt es es auch hier nur drei Protagonist:innen: Ransom wieder, auf der guten Seite, ein vom Teufel in Person besessener Weston auf der bösen und eine Eva mit grüner Haut, die zum Abfall von Gott versucht werden soll, bzw. deren Abfall verhindert werden soll) – während die ersten beiden Romane also jeweils eine Art Kammerspiel darstellten, haben wir hier im dritten jede Menge Personal auf beiden Seiten. Das ist schlecht für den Roman, weil Lewis‘ schriftstellerische Fähigkeiten nicht ausreichen, Figuren ausführen und charakterisieren zu können. Bei nur drei Leuten Personal fällt es weniger auf, dass Lewis sehr holzschnittartig beschreibt und dass kaum Veränderungen im Charakter (und wenn, dann sehr plötzliche) stattfinden. Bei dem runden Dutzend Protagonist:innen, die wir hier haben, führt Lewis‘ schriftstellerische Schwäche aber dazu, dass wir als Publikum gar nicht in der Lage sind, Lewis‘ Personal auseinander zu halten. Es spielt im Grunde genommen keine Rolle, wer was wann sagt. Es muss einfach gesagt sein.
Im weiteren spielt dieser Roman nun weder auf dem Mars, noch auf der Venus, noch auf einem anderen fernen Planeten, sondern auf der Erde. Damit beraubt sich Lewis der Chance, seine wirkliche Stärke als Schriftsteller ausspielen zu können: die Schilderung phantastischer Landschaften. Ein südenglisches College, das diesmal den Schauplatz der Auseinandersetzungen zwischen Gut und Böse stellt, ist da bei weitem kein Ersatz dafür.
Und während sich Lewis in den ersten beiden Romanen auf die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse beschränkt, will er diesmal offenbar mehr. Die böse Macht setzt ein mit einer Schilderung einer jungen Frau und schon rasch erfahren wir, dass deren gerade mal sechs Monate alte Ehe auf der Kippe steht. Mann und Frau haben sich bereits auseinander gelebt; sie bereut es, ihre wissenschaftliche Karriere aufgegeben zu haben und werkelt (weniger als halbherzig) neben der Hausarbeit an einer Dissertation zu John Donne. Er ist frisch an diese Universität berufen worden und versucht nun krampfhaft, sich dem so genannten inneren Zirkel derselben anzunähern. Dieses Bestreben nimmt im Folgenden recht breiten Raum ein; es ist aber völlig uninteressant, diesem pubertierenden Jungen zuzuschauen, wie er von den Erwachsenen als ihresgleichen akzeptiert werden will, und doch Schiss hat vor dem, was er dort tun soll. Dass dieser innere Zirkel zugleich die Gruppe der Bösen ist, verquickt die beiden Themen des Romans auf ziemlich unerquickliche Art und Weise. Ein Eheroman, dessen Lösung in der katholisch-konservativen Anschauung einer Ehe besteht, ist allerdings nur schon aus diesem Grund langweilig. Was ein nicht mehr ganz junger unverheirateter Mann in Sachen Ehe für gültige Ratschläge geben kann, leuchtet bei Lewis so wenig ein wie bei jedem (katholischen) Priester. (Lewis hat erst mit 55, acht Jahre nach Erscheinen von Die böse Macht geheiratet!)
Damit sind wir bei einem weiteren Thema, das der Spannung des Romans ziemlich Abbruch tut: Es handelt sich über weite Strecken um ein Stück christlicher Apologetik. Was im phantastischen Gewand des Mars im ersten Roman noch durchgehen konnte, im zweiten Roman in den Dialogen zwischen dem Teufel-Weston und Ransom erst gegen Schluss penetrant wurde, durchtränkt hier den ganzen Roman. Dass eine Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse, auf der sogar der liebe Gott mitkämpft, ziemlich langweilig ist, weil es von Anfang an klar ist, dass der liebe Gott nicht verlieren wird, wird da sogar zu einem sekundären Kritikpunkt.
Warum aber haben sich die Bösen ausgerechnet ein englisches College ausgesucht, um von dort aus die Weltherrschaft zu übernehmen? Ich meine: Es ist erst wenige Jahre her im Perelandra-Universum, dass der Teufel in Person ein Duell gegen das Menschlein Ransom verloren hat, und nun startet er einen neuen Versuch praktisch vor dessen Haustüre? Der Grund ist – und hier bringt Lewis etwas völlig Neues ein –, dass irgendwo in einem alten Garten eben dieses College der alte Zauberer Merlin schlafen soll, den die Bösen wecken und sich seiner Kräfte versichern wollen. Erst fast am Schluss erfahren wir, warum Lewis auf die Artus-Sage zurückgreift, wenn nämlich Ransom zu bedenken gibt, dass es zwei verschiedene Staaten gebe auf dem gleichen Boden: ein modernes, wissenschaftsgläubiges und eben böses England und ein altes, gläubiges Britannien, die in unermüdlichem Zweikampf begriffen seien. Der Roman entstand im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs, und es war wohl ein Versuch des Konservativen Lewis, den germanischen Machtphantasien der Achsenmächte eine eigene, britische Phantasie entgegen zu stellen. Er ähnelt damit dem Faschisten mehr, als er wohl selber hätte wahrhaben wollen. Denn selbstverständlich ist Merlin – entgegen aller Vermutungen auch der Guten – nicht auf der Seite der Bösen, sondern meldet sich sogar nach seinem Erwachen freiwillig bei den Guten. Ja, es ist erst sein Eingreifen das den Sieg der Guten erst möglich machte, nachdem vorher Ransom offenbar einfach nur wartete, ohne sagen zu können worauf – wohl auf eine göttliche Lösung des Problems. Passive Helden aber – wenn man ihnen nicht schwere innere Zwiespälte und Krisen nachweisen kann – sind der Tod eines jeden Romans. Durch diese kriegsbedingten Einflüsse auf Inhalt, Thematik und Asuführen aber bleibt der Roman zu sehr in seiner Entstehungszeit verhaftet, um gut altern zu können.
Fazit (nicht nur dieses Romans): Wirklich lesbar ist heute allenfalls noch der erste Band der Trilogie. Wirklich unlesbar ist dann aber der letzte. Das hat selbst der Teufel gespürt, der in diesem Roman zwar immer als Hintergrund-Bedrohung präsent ist, aber seltsam unpersönlich und letztlich dann doch abwesend wirkt. Von Science Fiction können wir gar nicht mehr reden. Es ist Lewis‘ Versuch, einen gesellschaftskritischen Roman zu schreiben, der daran scheitert, dass die Gesellschaft, die er kritisiert, allzu schematisch und einseitig geschildert wird.Ein gewisser Hass auf die modernen Naturwissenschaften käme zwar heute bei vielen Leuten (wieder) gut an, und schematisches Denken ist auch wieder in Mode. Dennoch rate ich von einer Lektüre ab, wenn man kein Faible hat für literarische Seltsamkeiten, so wie ich es (manchmal: leider) aufweise.
Ich habe dieses Buch vor bald 40 Jahren gelesen, als junger Christ. Lewis hat im Geist ganz genau erfasst wohin eine antichristliche, postmoderne universitäre Gesinnung hinführt. Er hat die universitäre von Fakten losgelöste Entwicklung erspürt und sehr akkurat beschrieben. Und tatsächlich eine Richtung aufgezeigt wo der Von Gott losgelöste Verstand hinzielt: Unsterblichkeit in einem von Sünde nicht befreiten Leben. Wir sehen diese Entwicklung ja bei Schwab und Yuval Noah Harari.
Der vorherige Kommentator hat das Buch in seiner postmodernen Überzeugung nicht verstanden und bleibt bei Nebensächlichkeiten stehen. Seine Buchanalyse entspricht einem: der einen Spiegel nimmt, diesen zerbricht und dann über die Fragmente schreibt:
Fazit: ließ selber und mach Dir Dein eigenes Urteil.
Rezessionen sollen keine Intellektuelle Kissenschlacht sein: sondern nach klaren Kriterien gemacht werden:
das habe ich von Buch verstanden,
das hab ich daraus gelernt,
das hat mich angesprochen.
Alles andere ist lediglich die Analyse eines zerbrochenen Spiegels.m und Ausdruck eines arroganten überheblichen Geistes!
Früher oder später war so ein Kommentar wohl zu erwarten. Ich habe ihn freigeschaltet, werde aber nicht weiter darauf eingehen. Ich denke, er spricht in Orthographie, Zeichensetzung sowie in seiner Verwendung von Fremdwörtern für sich. Fürs Übrige erinnere ich an Johannes 8,7.