Henry Correvon / Philippe Robert: La Flore Alpine

Vorliegendes Buch erschien 1908 in Genf auf Französisch (1917 dann eine deutsche Version in Biel). Es stellt eine Art bibliophiles Mittelding dar zwischen einem Nachschlagewerk über die Flora der Alpen, Gartenratgeber und einem Kunstbuch. Vom Umfang her ist es ziemlich genau in zwei Hälften geteilt. Den Schluss, um mit dem für mich weniger interessanten Teil zu beginnen, macht eine klassifizierte Aufzählung der Alpenflora durch Henry Correvon. Das ist der botanische Teil, das Nachschlagewerk. Wie weit er heute, über 100 Jahre später, noch wissenschaftlich korrekt ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich mag zwar Blumen durchaus, klassifiziere sie aber nur ungern und schlecht (was mein Biologielehrer damals am Gymnasium so gar nicht verstehen konnte). Außerdem gibt der Autor Ratschläge, wie man diese Pflanzen auch im Unterland, im eigenen Garten, halten könne. Henry Correvon (ja, er schrieb sich mit ‚y‘ am Ende seines Vornamens, trotz französischsprachiger Herkunft) war ja ursprünglich Gärtner, und er hat sich zu Lebzeiten einen Namen gemacht gerade eben mit seinem Plädoyer dafür, dass die alpinen Pflanzen auch in die Gärten des Unterlandes aufgenommen würden – die heute so genannten alpinen oder auch Stein-Gärten sind im Grunde genommen seine Erfindung. Daneben war er Mitglied in einem Vorläufer des Schweizerischen Naturschutz-Bundes – ein ‚Grüner‘ der ersten Stunde also. Ich habe keinen Garten mehr und übergehe diesen Teil hier deshalb.

Was aber auch einen Nicht-Botaniker und Nicht-Gärtner zu faszinieren vermag, ist der erste Teil dieses Buchs. Darin finden wir auf Hochglanzpapier Reproduktionen von Aquarellen des Malers Philippe Robert (1881-1930). Der stammte aus einer Malerfamilie – sein Vater, sein Großvater, ein Großonkel und beide Brüder waren Maler. Er aber ist der wohl bekannteste der Familie, und zumindest in seiner Heimatstadt Biel bis heute ein gefeierter Star, dem sogar ein eigenes Museum dort gewidmet wurde. (Später hat man das Museum im Zuge von Restrukturierungen in ein anderes, größeres integriert.)

Die Bilder zeigen nicht alle von Correvon vorgestellten Pflanzen, aber einen schönen Teil davon. Wo es sich um hochstielige Pflanzen handelt, stellt Robert diese von der Seite her in ihrer ganzen Länge vor, von oben (der Blüte) bis unten (dem Wurzelwerk). Bei niederstieligen zeigt er sie in Pflanzenkissen am Boden, von oben gesehen. Am faszinierendsten bei diesen Bilder ist für den heutigen Betrachter, dass – bei aller Präzision und Korrektheit der Darstellung – jedes einzelne Bild seine Entstehung in der Epoche des Jugendstils verrät. Leicht schlängelnde Bewegungen der Stängel, leuchtende Blüten der Pflanzenkissen – die typische Blumenform jener Zeit zeigt sich bei Robert selbst in realistischer Malerei ganz deutlich.

Leider hat mein Exemplar ein wenig unter Feuchtigkeit gelitten. Stockflecken und verklebte Seiten zeigen es. Dennoch ein kleines Schmuckexemplar meiner Bibliothek.

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