A Clockwork Orange, UK 1971 – Regie: Stanley Kubrick

Buch: Stanley Kubrick nach dem Roman von Anthony Burgess. Mit Malcolm McDowell, Patrick Magee, Michael Bates. Warner, 131 Minuten.

Es gibt wenige Literatur-Verfilmungen, die einerseits werkgetreu sind und die andererseits aber als Film funktionieren. Noch weniger welche, bei denen ein wirklich guter Film entstanden ist. Stanley Kubricks A Clockwork Orange ist eine von den Ausnahmen. Dabei hatte Kubrick gleich mehrere Hindernisse zu überwinden: Burgess‘ Roman ist in der Ich-Form geschrieben, die für einen Film meist tödlich ist, und sein Protagonist verwendet einen speziellen Slang, der im Schriftlichen funktioniert, weil man nachlesen kann, bis man verstanden hat, während der Film u.U. dann gleich auf Russisch sein könnte. Ohne Untertitel.

Kubrick löst das Dilemma, indem er zwar von Zeit zu Zeit die Hauptfigur Alex aus dem Off sprechen lässt, meist Überleitungen, nichts für die Handlung Essentielles, und auch im Übrigen mehr auf die Kraft der Bilder setzt denn auf Worte, auf Dialoge. Die Bilder sind eindrücklich. Das bonbonbunte Zuhause von Alex – jede Wand jeden Zimmers in einer andern, knalligen Farbe, Alex‘ Mutter in ebenso bonbonbuntes Plastik gekleidet, der Vater immer in Anzug und Krawatte (aber für heutige Verhältnisse ebenfalls viel zu bunt): die kleinbürgerliche Enge, die glaubt, topmodisch zu sein, könnte nicht besser dargestellt werden. Die Aussenaufnahmen zeigen keine Zukunft, sondern eine im Zerfall begriffene Gegenwart. Manches wird von Kubrick durch seine Bilder forciert dargestellt – homosexuelle Avancen gegenüber Alex im Gefängnis zum Beispiel, oder die Freude von Mr. Alexander, dem Schriftsteller, als er Alex nach dessen Zwangsreformierung in seiner Gewalt hat und ihn nun mit Beethovens Musik in den Selbstmord treiben will. Anderes ist harmloser als im Buch – die Filme zum Beispiel, mit deren Hilfe Alex ‚reformiert‘ wird, sind offenbar nur Spielfilme und nationalsozialistische Propagandafilme, keine Aufzeichnungen von echten Folterungen.

Kraft der Bilder, statt Worte, habe ich oben gesagt. Nicht vergessen werden aber darf die ungeheure Wirkung des Soundtrack. Hier spielt Kubrick den Vorteil seines Mediums gegenüber dem Medium Buch aus: Alex redet nicht nur über seine Liebe zur klassischen Musik – hier hören wir diese auch. Vor allem Beethoven ist fast omnipräsent. (Übrigens auch in Bildern: Sein Portrait hängt in Alex‘ Zimmer an der Wand, ein kleineres Portrait und eine Büste von ihm sind auch in der Gefängniszelle noch vorhanden. In der Szene im Plattenladen trägt Alex einen himmelblauen Gehrock ganz im Stil von Beethovens Epoche.)

Auch 40 Jahre nach seiner Entstehung ein Kunstwerk, das zu sehen lohnt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert