In der korrekten Reihenfolge ist dies der dritte Band der Erzählung, die Friedrich Gerstäcker von seiner Weltumsegelung in den Jahren 1850/51 geliefert hat. Ich habe ihn bekanntlich zu spät bemerkt, um ihn an seinem richtigen Ort lesen zu können, nämlich eben vor dem Australien betreffenden Band, und habe ihn nun ganz ans Ende gelegt..
Die Südsee-Inseln, das sind für Gerstäcker vor allem Hawaii und Tahiti. Von San Francisco aus steuert er zuerst Hawaii an. Zu seiner Zeit war Hawaii noch ein selbständiges Königreich, auch wenn die Königin von Hawaii offenbar nicht allzu viel zu sagen hatte im eigenen Land. Es waren bereits die Missionare, die das Szepter übernommen hatten, und Gerstäcker bemerkt auch sehr genau, dass mehr und mehr Leute aus Kalifornien übersetzen. Kalifornien seinerseits war gerade Teil der USA geworden, und so war die Einverleibung auch Hawaiis schon zur Zeit von Gerstäckers Besuch vorgespurt. Im Übrigen kann der Autor der Insel wenig abgewinnen; selbst die Vulkane beeindrucken ihn kaum.
Bedeutend mehr fasziniert ist Friedrich Gerstäcker von Tahiti. Er unterliegt völlig dem Charme dieser Insel und ihrer Bewohner. Man könnte fast meinen, Gerstäcker hält den Südsee-Insulaner für eine Rasse ohne Fehl und Tadel. Diese Menschen sind schön, von einem offenen und ehrlichen Charakter, und dabei freundlich im Umgang. (Kein Wunder, fallen nachher die Aborigines in Australien angesichts dieses idealisierten Menschenschlags weit ab.)
Dabei ist festzuhalten, dass Gerstäcker in der Südsee mehr Baedecker-Tourist war, als an allen andern Orten seiner Reise. Selbst auf Java, wo ihn die Visumsvorschriften stark einschränkten, versuchte er, etwas mehr zu erleben, als was ihm die Sehenswürdigkeiten einer Stadt bieten konnten, und ging auf Flusspferd-Jagd. In Südamerika wie in Australien hat er Teile des Landes zu Fuss oder auf dem Rücken von Pferden durchquert – beide Male nicht ohne Gefahr für sein Leben. Auf Hawaii aber, und dann erst recht auf Tahiti, liegt er im Grunde genommen nur auf der faulen Haut und probiert die verschiedenen Delikatessen, die ihm das Land bietet: Früchte und Gemüse, die er ganz ohne Jagd erwirbt.
Das einzige, das Gerstäcker wirklich stört, ist die Kolonialverwaltung der Franzosen. Im Gegensatz zu den Holländern, die er auf Java deswegen so rühmt, mischen sich die Franzosen, bzw. die katholische Kirche unter ihrem Schutz, auch ins religiöse Leben der Tahitianer ein – sehr zu derem Schaden, wie Gerstäcker feststellt. Ob es nun ist, weil der Deutsche die Franzosen nicht mag, oder der Protestant die Katholiken nicht, aber wahrscheinlich wohl beides: In keinem der fünf Bände macht Gerstäcker seinem Ärger über die Verformung der Eingeborenen durch die eindringenden europäischen Kolonialmächte so Luft, wie hier auf Tahiti. Er sah wohl die Idylle, dieses Paradies auf Erden, in Gefahr.
Das ist denn auch das einzig Lesenswerte im dritten Band der Reisen. Erlebt hat Gerstäcker auf Tahiti nichts – also keine Spannung. Die Einheimischen findet er zu liebenswert – also kaum Komik (und wenn, dann auf Kosten eingewanderter Europäer!). Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass selbst ein gewiefter Weltreisender wie Gerstäcker dem Reiz des Idylls völlig und fast unkritisch erliegen kann.
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