Untertitel: Die Pflanze vom Neptunsmond – wobei der Untertitel in doppelter Hinsicht problematisch ist. Zum einen verrät er eine Pointe des Romans, die Laßwitz zwar zugegebenermassen auch schon recht früh im Roman verrät (nämlich, dass wir es bei der Pflanze, die Harda, die menschliche Protagonistin des Romans, unter einer Buche findet, mit einer fremden Lebensform zu tun haben), andererseits ist der Untertitel aber dann auch nicht ganz korrekt. Diese Lebensform vom Neptunsmond ist nämlich nicht nur Pflanze. Im Generationenwechsel wechselt sie auch ihre ganze Physiologie. Wenn eine Generation tatsächlich Pflanzenform hat, so trägt die folgende durchaus ‚tierische‘ Züge: Sie kann sich von Ort zu Ort bewegen und offenbar auch sexuell fortpflanzen. Nur entstehen dabei keine Kinder im landesüblichen Sinn, sondern Samen, aus denen wiederum Pflanzen entstehen.
Diese Grundidee des Romans ist bestechend. Leider geht sie ein wenig unter in verschiedenen Nebenhandlungen (und deren Nebenhandlungen – denn das gibt es hier). Da ist zum einen das Efeu, das am Fuss der Buche wächst und Schattengeber für die Pflanze vom Neptunsmond ist. Dieses Efeu wartet seit langem darauf, „erwachsen“ zu werden – sprich zu blühen. Da ist Harda, Tochter eines Unternehmers, deren Liebesgeschichte erzählt wird. Und da ist vor allem eine weitere Grundidee des Romans, die mir nicht so zu gefallen vermag. Der Roman geht davon aus, dass alle Lebewesen, egal ob Pflanze, Tier oder Mensch, eine Seele haben. Da der Mensch aber noch nicht so weit gediehen ist, dies einzusehen, ist er nicht in der Lage, mit den mitbeseelten Bewohnern dieses Weltalls frei zu kommunizieren. Denn Seele haben, ist hier gleichbedeutend mit Vernunft haben, mit Sprache haben. Und so erleben wir, wie der Efeu mit seiner Buche spricht – und mit der fremden Pflanze vom Neptunsmond. Die Wesen vom Neptunsmond nämlich sind in ihrer seelischen Entwicklung weiter gediehen und können in beiden ihrer Erscheinungsformen miteinander und mit Pflanzen, Tieren und Menschen kommunizieren – so sie wollen.
Wie beinahe ein Krieg zwischen den Idunen (so nennen sich die Wesen vom Neptunsmond selber in ihrer ‚tierischen‘ Erscheinungsform – Harda spricht von Elfen) und den Menschen ausgebrochen ist (die die Idunen nur als Studienobjekte betrachten); wie dieser Krieg abgewendet wird, weil die Idunen einsehen, dass die Erde nicht ihr Platz ist; wie die pflanzliche Mutter aller irdischen Idunen davon absieht, weitere Kinder zu produzieren und sich dafür als eine Art Gummi arabicum dem Unternehmen des Vaters von Harda zur Verfügung stellt (denn Arbeit ist das hohe Ethos des Menschen und die Idunen akzeptieren das zum Schluss und sterben freiwillig aus, nur die Mutterpflanze zurück lassend) – all dies erzählt Laßwitz in seiner gewohnten, etwas hölzern anmutenden Schreibweise auf rund 300 Seiten. Leider spielt die Handlung nur kurz auf dem Neptunsmond selber, und die Beschreibung der fremden Umgebung, die in Auf zwei Planeten einen grossen Reiz des Romans ausmacht, ist hier flach und schematisch geraten. Kein Meisterwerk also, aber zumindest die Idee des Wechsels von Pflanze zu Tier wieder zu Pflanze und so fort verdient Beachtung.