Marc Parent: Die Purzelbaum-Philosophie

Nachdem ich einige Bücher dieses Genres ziemlich bald abgebrochen habe, bin ich bei diesem zumindest bis zum Ende gelangt. Ob es etwas mit Philosophie oder auch nur mit kindlicher Philosophie zu tun hat, darf bezweifelt werden: Es ist vielmehr die Erzählung eines Vaters (Journalisten), der sich um seine beiden Söhne zu kümmern beschließt, während seine Frau das Geld nach Hause bringt. Ein trotz aller Gendereien seltenes Unterfangen – und in den USA offenbar in noch stärkerem Maße die Ausnahme.

Das liest sich gut und leicht, leider aber oft ein wenig zu leicht. Es sind genau jene Erfahrungen eines Vaters, die man in einer solchen Situtation erwartet (die erstaunten Blicke, wenn er mit seinen Kleinen vormittags eine Rollschuhbahn besucht, wo sich ansonsten nur Mütter mit ihren Kindern aufhalten), manch kitschig-romantische Szenen (die Kinder durchaus bescheren können: Allerdings besteht beim Beschreiben solcher Szenen die nicht unerhebliche Gefahr, Klischees breitzutreten – und genau dem entkommt Marc Parent nur selten) und einiges, das zur Ernüchterung beiträgt (wenn man Kinder überschätzt oder etwa ihre Grausamkeit unterschätzt). Für das amerikanische Publikum wird auch ein Kapitel über den lieben Gott eingestreut (auch wer noch so aufgeschlossen zu sein pflegt – in diesem Punkt werden Kinder konsequent belogen; vielleicht bin ich der einzige Vater, der auf diese Frage – wie auf jene nach Hexen, Dämonen oder fleischfressende Kühe (Erfahrungswert!) – schlicht mit „gibt’s nicht“ antwortet und bei Nachfragen auch Epistemologisches einfließen lässt, was Kinder durchaus verstehen), gegen Ende wird der Ältere dann in eine kirchliche Vorschule gebracht (einleitende Ansprachen werden dort mit einem kleinen Gebet abgeschlossen), ohne dass das dem Papa irgendwie bedenklich erscheint (wir sind in den USA: Bedenklich wäre wohl das Gegenteil).

Und so laviert der Autor zwischen Banalitäten und kalenderspruchartigen Resumees, weiß aber dann doch wieder auf witzige Weise von Ereignissen zu berichten, die man selbst nur allzu gut kennt. Leider bleibt es bis zum Schluss bei dieser Mischung aus leicher Unterhaltung und trivialen Erkenntnissen: Wobei das – wie ich aus eigener Erfahrung weiß – den philosophischen Fähigkeiten von Kindern nicht wirklich entspricht. Denn bei längerdauernden, oft mit Endlosfragen beginnenden Unterhaltung mit dem Nachwuchs kann man unter anderem sehr viel Klügeres zutage fördern, man kann einen Blick auf die erkenntnistheoretische Entwicklung des kleinen Menschleins werfen, das in mancher Hinsicht klüger ist als die meisten Erwachsenen: Weil es mit gängigen Vorurteilen noch nicht vertraut ist. Einsicht in die Ontogenese der menschlichen Epistemologie: Das hätte mich wirklich interessiert. Das zu erkennen, zu verstehen, zu beschreiben aber war Parent der Mann nicht: Unkenntnis? Nichtwollen? ich vermute ersteres. Und so ist das ein irgendwie rührendes, manchmal amüsantes Buch, das man allerdings nicht wirklich gelesen haben muss.


Marc Parent: Die Purzelbaum-Philosophie. Wie mir meine Kinder die Welt erklären. München: Ullstein 2001.

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