N° 228 der Marginalien ist die erste Nummer, die von der neuen Redaktion unter Till Schröder präsentiert wird. Es scheinen im Hintergrund etwelche Kabbeleien vor sich gegangen zu sein; als Mitglied in einem Aussenbezirk bekommt man so was ja nicht mit. Was ich sagen kann: Viel Neues bringt zumindest diese Nummer nicht. Das einzige, das mir aufgefallen ist: Bei der sog. Typographischen Beilage soll in Zukunft auch erklärt werden, warum diese und keine andere Schrift, diese und keine andere Darstellung gewählt wurde.
Zuerst also diese Beilage: Wieder einmal Gedichte, unter dem Thema Ein Wald von Zeichen (ohne dass eine Zeichentheorie impliziert wäre!) und zwar, in dieser Reihenfolge, von William Wordsworth, Charles Baudelaire (aus den Blumen des Bösen, in der Übersetzung von Stefan George), George dann gleich selber als Lyriker, José Maria de Héredia, Oskar Loerke, Conrad Ferdinand Meyer, Heiner Müller und Nico Bleutge. Als typographische Experimente immer interessant.
Nachdem sodann zuerst die neue Redaktion vorgestellt und die abtretende verdankt worden ist, finden wir uns mitten in der Sektion ‚Nachrufe‘. Zunächst deren drei(!) auf Elmar Faber, u.a. ehemaliger Chef des Aufbau-Verlags, noch zu sozialistischen Zeiten. Etwas unangenehm aufgefallen ist mir da der Text von Christoph Hein, Erinnerung an einen Husaren. Dies nicht nur, weil er bemüht lustig ist, dabei aber egozentrisch und mindestens so viel von Hein spricht wie von Faber, sondern vor allem, weil immer wieder ein tiefes Ressentiment des ehemaligen DDR-Bürgers gegen den Westen, gegen die Wiedervereinigung, herausklingt, das mich erschreckt. Man wird mir sagen, dass ich als Aussenstehender mich jeden Kommentars zu enthalten habe, aber wenn nach bald 30 Jahren immer noch solche Töne angeschlagen werden, steht es wahrlich schlecht um Deutschland. Passons.
Nach weiteren Nachrufen dann ein Artikel über Sebastian Brants Narrenschiff im Ex Libris, offenbar ein gern verwendetes Motiv. Man fühlt sich halt als Bibliophiler rasch als Narr, und es erleichtert im Freud’schen Sinn, wenn man sich selber über sich lustig macht. Einiges überspringe ich hier, möchte aber rasch erwähnen, dass ich zum ersten Mal, seit ich die Marginalien lese, einen Hinweis auf eine – allerdings längst vergriffene – Shakespeare-Ausgabe der Folio Society gefunden habe. Zum ersten Mal überhaupt einen Hinweis auf die Folio Society gefunden habe. Ein Hinweis auf das 30-Jahre-Jubiläum des Gerhart-Hauptmann-Museums Erkner – aber Hauptmann ist nicht so mein Autor. Ein Artikel seiner Witwe Christine über Jurek Beckers Postkarten-Poesie, der mich leider überhaupt nicht neugierig auf dieselbe macht. Ein Artikel zur vermeintlichen Waldsee-Müller-Weltkarte (einem Exemplar jener Karte, die dem neu entdeckten Kontinent zum ersten Mal den Namen ‚America‘ gab), die Ende 2017 vom Auktionshaus Christie’s in letzter Minute von einer Auktion zurückgezogen wurde, mit – dem sich bewahrheitenden – Verdacht auf Fälschung; ein Befund, der auch auf andere bekannte Exemplare ausgedehnt werden musste. Diese Story sorgte schon im Dezember 2017 beträchtliche Schlagzeilen. Leider bringt der Artikel – drei Monate später – nichts Neues.
Von den Rezensionen fiel mir eine auf, die die Edition der Briefe Gottfried August Bürgers im Wallstein-Verlag vorstellt. Da haben die Leserinnen und Leser dieses Blogs einen Vorsprung von zwei Jahren bzw. einem halben Jahr… Bei den Berichten aus den Sektionen hätte mich einzig der Besuch der Thüringer Pirckheim-Gruppe im Weimarer Bertuch-Haus interessiert, wo es u.a. auch um ein Portrait Gustav Freytags ging. (Einen Zusammenhang zwischen Bertuch und Freytag gab es allerdings offenbar nicht.)
Ich hatte irgendwie nach der grossen Ankündigung an der Buchmesse mehr erwartet von der N° 228…