Adrián Paenza: Mathematik durch die Hintertür

Adrián Paenza ist ein argentinischer Mathematikprofessor und ehemaliges Wunderkind (der neben der Mathematik auch eine große musikalische Begabung aufwies). Er ist Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher über Mathematik, die allesamt den Zweck verfolgen, die Schönheit und Faszination dieses Gegenstandes zu vermitteln und auch eine breitere Akzeptanz und Anerkennung in der Öffentlichkeit zu erlangen. Denn wie auch Albrecht Beutelspacher bereits erwähnte: Die Mathematik ist das einzige Fach, mit dessen Unkenntnis man sich rühmen kann, für keinen anderen Bereich würde man solches für sich stolz in Anspruch nehmen.

Paenza ist mit diesem Buch eine durchaus lesenswerte Einführung in die Mathematik (und verwandte Bereiche wie der Logik) gelungen: Auch wenn ich einige der vorgestellten Probleme anderswo schon besser aufbereitet gefunden habe. Er gliedert sein Buch in den Bereich der „Zahlen“, die Anwendung von Wahrscheinlichkeiten (inklusive des „Ziegenproblems“), erzählt Anekdoten von und über Mathematiker und widmet einen ganzen Teilbereich logischen Problemen (die Lösungen finden sich im Anhang, wobei es sich einesteils um bekannte Aufgaben handelte, anderes wieder eher fragwürdig erscheint).

Das Anliegen, die Mathematik als ein aufregendes und spannendes Aufgabengebiet darzustellen, durchzieht das ganze Buch (und dieses Anliegen finde ich mehr als unterstützenswert). Dabei übt er vor allem (und zu Recht) Kritik an den Lehrplänen und den Lehrenden (wobei er sich selbst keineswegs ausnimmt): Mit der mathematischen Didaktik liegt vieles im Argen, Vorträge sind langweilig, staubtrocken, ohne jeden Praxisbezug und werden in großen Teilen den in der Gesellschaft herrschenden Vorurteilen gerecht. Der Gegenstand Mathematik verkommt zu einem Fach des Auswendiglernens: Bestes Beispiel dafür ist die Infinitesimalrechnung (deren Bedeutung für die gesamte Naturwissenschaft gar nicht überschätzt werden kann), wo man brav Rechenregeln lernt wie Balladen der Klassiker, ohne aber im mindesten zu wissen was man tut. Dieser pädagogische Wahnsinn scheint – wenn man Paenza folgt – weltumspannend zu sein: Nirgendwo nimmt man sich die Zeit, die faszinierenden Aspekte (etwa auch der Wahrscheinlichkeitsrechnung) ausführlich und verständlich darzustellen, wodurch man das Fach bestenfalls trotz des genossenen Unterrichts schätzt (Ausnahmen gibt es leider viel zu wenig).

Sehr aufschlussreich und klug fand ich auch einige abschließende Bemerkungen zum Thema „Wunderkind“: Paenza relativiert diesen Begriff im Rückblick auf sein eigenes Leben, weist nachdrücklich darauf hin, dass „Wunderkind“ häufig auch ein perfektes Umfeld miteinschließt und sehr viel mehr mit Fleiß und Ausdauer zu tun hat denn mit einem überragenden Talent. Diese Umstände (Paenzas Vater war ebenfalls Mathematikprofessor) lassen ihn zu einer Relativierung dieses Begriffes gelangen: „Alle Kinder kommen mit Fähigkeiten und Fertigkeiten auf die Welt. Das Problem liegt darin, die ökonomischen Mittel zu habenn, die es gestatten, sie zu entdecken, und ein familiäres Umfeld, die sie stärkt und fördert. Und ich hatte sie, und das verwandelte mich nicht in ein Wunder-, sondern ein privilegiertes Kind.“ Ein insgesamt intelligentes und unterhaltsames Buch, das – vielleicht – ein wenig dazu beiträgt, die Angst vor Zahlen zu verringern und ein wenig die Faszination der Mathematik zu vermitteln.


Adrián Paenza: Mathematik durch die Hintertür. München: Heyne 2008.

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