Hippolyte Taine gilt als der Vordenker des französischen Naturalismus. Dennoch habe ich hier kein literarisches, philosophisches oder literaturtheoretisches Werk von ihm ausgewählt sondern seine „Reisehefte“ aus den Jahren 1863-1865. Die sind nämlich (auch literarisch) durchaus etwas Besonderes und verdienen eine nähere Betrachtung. Hippolyte Taine war schon den Zeitgenossen auch als Verfasser von Reiseberichten bekannt. Von…
Schlagwort: Hippolyte Taine
1828-1893
Anatole France: Les dieux ont soif [Die Götter dürsten]
Évariste Gamelin ist ein fiktiver junger, nur mäßig begabter Maler, der zur Zeit der Französischen Revolution lebt. Der vorliegende historische Roman von Anatole France schildert den Aufstieg (und Fall) des jungen Mannes während der Schreckensherrschaft von Robespierre und Saint-Just. Der Titel zitiert dabei einen berühmten Ausruf, den Camille Desmoulins getan haben soll, als ihm klar…
Charles-Augustin Sainte-Beuve: Pour la critique
Vom Titel dieses Buches gibt es keine deutsche Übersetzung, ganz einfach, weil es keine deutsche Version vom Buch gibt. Ich habe, offen gestanden, nicht einmal nachgeschaut, ob es von Sainte-Beuve überhaupt etwas auf Deutsch gibt. Was wir hier aber auf Französisch vor uns haben, ist eine Zusammenstellung verschiedener Essays, die Charles-Augustin Sainte-Beuve im Laufe seines…
Marcel Proust: Die fünfundsiebzig Blätter und andere Manuskripte aus dem Nachlass [Les soixante-quinze feuilles et autres manuscrits inédits]
Was mich an den fünfundsiebzig Blättern am meisten irritiert, ist nicht deren Inhalt sondern deren Überlieferung. Genauer: die Reaktion von Literaturwissenschaft und -kritik auf die Art und Weise, wie die Blätter auf uns gekommen sind. Noch genauer: deren Nicht-Reaktion. Folgendes nämlich ist geschehen, gemäß einer Vorbemerkung ohne Titel auf Seite 7 meiner Ausgabe: 1949 betraute…
Simone de Beauvoir: Die Unzertrennlichen [Les inséparables]
Zaza (wie sie Simone de Beauvoir nannte), ihr Leben und vor allem ihr Tod, haben die Autorin lange Jahre beschäftigt. Zaza hieß mit bürgerlichem Namen Élisabeth Lacoin und stammte aus einer wohlhabenden katholischen Familie, während die wenige Tage jüngere Simone de Beauvoir aus einer Familie stammte, in der es als normal galt, dass der Vater…
Marcel Proust: À la recherche du temps perdu IV. Sodome et Gomorrhe (2) [Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. S. u. G.]
In der zweiten Hälfte von Sodom und Gomorrha (wohl aus buchbinderischen Gründen wurde dieses Buch mitten in Chapitre II (Kapitel II) geteilt, wobei dieses Kapitel sowieso bei weitem das längste des Buchs ist, während zum Beispiel das Schlusskapitel (IV) nur noch eine kurze Coda des Ganzen darstellt, aber als solche einige wichtige Informationen liefert) –…
Guy de Maupassant: Irrfahrten [La vie errante]
Wenn man das erste Kapitel dieses Buchs liest – es trägt völlig zu Recht den Titel Überdruss –, wird man das Gefühl nicht los, hier schreibt ein Getriebener, ein Gehetzter, ein Gejagter. Wer oder was ihn treibt, hetzt, jagt, wird aber nicht klar. Das legt sich ein wenig in späteren Kapiteln, aber eine gewisse Unruhe…
Edmond & Jules de Goncourt: Journal. Erinnerungen aus dem literarischen Leben. 3: 1861-1863
Jetzt zeigt es sich auch, warum jener “P. H. für die Brüder P. & G. H.” im Vorwort zum ersten Band der Tagebücher empfohlen hat, die Lektüre derselben mit diesem, dem dritten Band zu beginnen: Ab ca. 1861 nämlich hat das Tagebuch eine ruhige und sichere Fahrt aufgenommen. Die Brüder wissen nun, was sie darin…