Stanisław Lem: Der Unbesiegbare

Der »Unbesiegbare«, ein Raumkreuzer der schweren Klasse, das größte Schiff, über das die Flottenbasis im Sternbild der Leier verfügte, durchflog mit Photonenantrieb den äußersten Quadranten der Sterngruppe. Die dreiundachtzig Mann Besatzung schliefen im Tunnelhibernator des Zentraldecks.

Die Geschichte fängt an wie klassische Science Fiction, wie eine klassische ‘Space Opera’. Wenn wir dann noch erfahren, dass der »Unbesiegbare« auf dem Weg nach Regis III ist, bzw. nun dann bald auf diesem Planeten landen wird, um dort nach dem Schicksal des »Kondor« zu forschen, einem Schwesterschiff, das vor ein paar Jahren auf diesem Planeten gelandet war und sich plötzlich nicht mehr gemeldet hatte, wird die Erwartung auf klassische Science Fiction, auf Kämpfe zwischen Menschen und Aliens, weiter genährt.

In gewissem Sinn enttäuscht Lem die Erwartungen seines Publikums ja auch nicht. Die Besatzung des Schwesterschiffs ist tatsächlich in einer Art Auseinandersetzung mit einer fremden Lebensform auf Regis III ums Leben gekommen. Und auch die Leute des »Unbesiegbaren« werden attackiert und so mancher verliert dabei sein Leben.

Und doch ist das Ganze, und vor allem das Ende, ganz anders. Während ein paar Spezialisten noch darüber diskutieren, wie man der fremden, anorganischen Lebensform den Garaus machen könnte, ist es für Rohan, den stellvertretenden Leiter der Expedition und Protagonisten des Romans, klar, dass diese Lebensform ein Recht darauf hat, sich ungehindert zu entwickeln. Sie ist nämlich das Ergebnis einer schon lange andauernden Evolution von Kleinst-Computern oder -Robotern, die bei einer Havarie einer nicht-menschlichen Lebensform vor Jahrtausenden übrig geblieben sind und sich nun selbständig weiter entwickeln – die Gesetze der Evolution gelten bei Lem auch für (selbständige) Maschinen, nicht nur für organische Wesen. Das ist – zumal, wenn man das Erscheinungsjahr 1964 in Betracht zieht – nachgerade revolutionär. Das Publikum erfährt zwar nicht, was der Expeditionsleiter tatsächlich beschließt; es scheint aber ziemlich sicher zu sein, dass sich der »Unbesiegbare« von diesem Planeten zurückzieht – zumal der über keine Bodenschätze oder nennenswertes organisches Leben verfügt. Man wird also diese anorganischen Kleinst-Roboter sich weiter entwickeln lassen.

Sollten dereinst tatsächlich Computer die Herrschaft über die Erde übernehmen, so werden sie Lem als ihren Propheten verehren.

Im Ernst: Ohne Frage ein spannender Roman. Ein paar Details wirken heute sicherlich amüsant, so, wenn die Computer in einer fernen Zukunft immer noch mit Lochkarten und Magnetbändern auf Spulen gefüttert werden.

Ich habe den Roman in der Übersetzung von Roswitha Dietrich gelesen, wie sie zuerst im Verlag Volk und Welt in der DDR erschienen ist. Und ich habe ihn gern gelesen.

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