John Buchan: Greenmantle [Grünmantel]

Zeichnung auf blauem Hintergrund: Wir blicken durch zwei tief verschneite Tannen auf eine Strasse. Dort leuchtet rechts ein Uniformierter mit einer Taschenlampe den Boden ab, während sich von links ein ein altmodischer Wagen (à la Ford T) mit drei Insassen nähert. - Ausschnitt aus dem Buchcover.

Dass John Buchan geplant hatte, nur ein Jahr nach The Thirty-Nine Steps, also 1916, gleich noch einen Roman mit Richard Hannay als Protagonisten zu veröffentlichen, bezweifle ich sehr. Zum einen klang der Schluss des ersten Romans doch ziemlich endgültig, wenn sich Hannay vom Publikum damit verabschiedet, dass er sich für den gerade ausgebrochenen Krieg zum Militär gemeldet habe, aber sicher sei, seinen wichtigsten Beitrag fürs Vaterland bereits mit den in The Thirty-Nine Steps erzählten Taten geleistet zu haben. Zum anderen hatte Buchan sich selber ein Ei gelegt, als er Hannay zwar gleich als Offizier aufgenommen werden lässt, aber ohne weitere Auszeichnung. Er ließ damit den britischen Geheimdienst ziemlich dumm und bürokratisch drein schauen: Da war der mit Hannay über einen Mann gestolpert, der praktisch im Alleingang einen ganzen deutschen Spionagering auffliegen ließ, sich dabei als tapfer, intelligent und resourcenvoll erwies, und was tat man? Man ließ zu, dass er als gewöhnlicher Hauptmann eingezogen wurde! Das war etwas, das Buchan gleich zu Beginn des zweiten Romans, Greenmantle, korrigieren musste, indem er den mittlerweile zum Major avancierten Hannay zum Auskurieren seiner an der belgischen Front erhaltenen Verletzungen in die Heimat zurückschicken ließ, wo er von jenem Mann in der Regierung zu sich gerufen wurde, der ihm schon im ersten Roman Beistand geleistet hatte.

Es gäbe nämlich, so dieser, einen Plan des Deutschen Reichs, die indigenen Völker Afrikas und Asiens gegen Großbritannien aufzuwiegeln – angefangen mit jenen, die sich zum Islam bekannten. Genaueres wisse man nicht, aber ob nicht er, Hannay, bereit wäre, sich nach Konstantinopel zu begeben und Näheres herauszufinden.

Der Rest des Romans schildert nun, wie Hannay die Rätsel löst und die Pläne des Deutschen Reichs zunichte macht. Im Gegensatz zu James Bond tut er das nicht alleine. Er formt eine kleine Truppe für sich – Männer, die denn auch in späteren Abenteuern Hannays (und zum Teil auch unabhängig von diesen) auftauchen werden. Jeder von ihnen reist auf einem anderen Weg nach Konstantinopel, wo offenbar der Knoten geschürzt werden soll.

Die ganze verwickelte Story hier nachzuerzählen, ist meine Sache nicht. Nur so viel sei verraten, dass sich Hannay nach Abenteuern in Lissabon, der Niederlande und Berlin der Donau folgend nach Konstantinopel durchschlägt und später der osmanischen Armee folgt, bis dann der große Show-Down in der Schlacht von Erzurum stattfindet. (Buchan hat dabei richtig gesehen, dass diese Schlacht mit dem Sieg der kaiserlichen russischen Armee den osmanischen Truppen genau in dem Moment wieder den Boden der Kampfmoral unter den Füssen wegzog, als sie nach der gewonnenen Schlacht um Gallipoli gerade erst Mut und Überzeugung geschöpft hatten, den Armeen der Entente Paroli bieten zu können.)

Das Buch gibt es in einer Übersetzung erst seit dem Jahr 1971. Verständlich, da darin die wenigsten Deutschen sympathisch dargestellt werden. Neu ist hier nun auch eine Frau dabei – auf Seite der Deutschen. Sie steht im Zentrum der Intrige, die die islamischen Völker aufwiegeln soll und wird als schöne und betörende Frau geschildert, der auch unsere Helden kaum widerstehen können.

Da neben Briten noch ein Amerikaner zur Gruppe um Hannay gehört, wird vermutet, Buchan habe den Roman (auch) geschrieben, um die damals neutralen USA zu einem Eingreifen auf Seite der Entente zu bewegen. Aber die Figur ist auch so speziell genug gezeichnet, wie alle Protagonisten übrigens.

Alles in allem keine ganz große Literatur, aber eine spannende Geschichte für zwischendurch. Den britischen Patriotismus kann man Buchan angesichts der Entstehungszeit verzeihen.

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