Christoph Martin Wieland (VIII. – u.a.: „Göttergespräche“, „Gespräche im Elysium“, „Alceste“, „Rosemunde“)

Während Band VII des Greno-Reprints inhaltlich recht einheitlich daher kam, ist Band VIII bedeutend disparater. Nach welchen Kriterien Wieland seine Werkausgabe zusammenstellte, weiss ich nicht; in den N° 24-26 liess er ziemlich Unterschiedliches aufeinander folgen.

N° 24 (Vermischte Aufsätze) zeigt Wieland als Literaturkritiker und -theoretiker. Auch Ausflüge in die Philosohie und in so etwas wie eine Kulturwissenschaft unternimmt er. Diese Aufsätze sind alle nicht uninteressant: Wielands Denken – so ist seine für die damalige Zeit sehr unvoreingenommene Position gegenüber denkenden Frauen (z.B. in Die Pythagorischen Frauen) bemerkenswert – wird hier in einer guten Auswahl präsentiert.

N° 25 mit seinen Göttergesprächen ist in gewissem Sinn eine Mogelpackung Wielands. Was vom Titel her als literarische Übung daherkommt, ist in Tat und Wahrheit Auseinandersetzung mit der Tagespolitik. Die Götter – zu denen Wieland in klassischer, griechisch-römischer Tradition auch Regenten zählt, die vergöttlicht worden sind – unterhalten sich nämlich über die neuesten Ereignisse in Frankreich, sprich: über die Französische Revolution. Wieland lässt bemerkenswerter Weise das Urbild des absolutistischen Herrschers, Zeus, sehr moderat argumentieren. Ja, Zeus befürwortet den Wechsel im Grunde genommen, zumindest stellt er sich ihm nicht entgegen, da er vom Fatum, dem Schicksal, gesendet und unausweichlich ist. Ebenso bemerkenswert ist, dass es in den Göttergesprächen die Frauen sind, die der alten Regierungsform nicht nur nachtrauern, sondern aktiv für deren Erhaltung einstehen wollen. Das heisst: nicht alle Frauen. Als Juno einen Rat der Göttinnen einberuft, stellt sich heraus, dass die Frauen, die über tatsächliche Regierungsgewalt verfügt haben (u.a. Elisabeth [I., wie wir sie heute nennen] oder Semiramis) ähnlich wie Zeus denken. Nur die, die nie selber regierten, aber als Gemahlinnen oder Maitressen zwar bloss indirekten, wenn auch grossen Einfluss hatten (also Juno oder Aspasia) befürworten die Erhaltung des Ancien Régime. Zwar über kleine Umwege – aber für Wieland doch eine recht deutliche Kritik an der Maitressenwirtschaft absolutistischer Systeme (und somit am System als solchem), eine recht klare Stellungnahme für die Ziele der Französischen Revolution.

N° 26 enthält wieder völlig Unpolitisches: Singspiele und Abhandlungen (gemeint: zum Thema „Singspiele“). Mit „Singspiel“ verdeutscht Wieland den Begriff „Oper“ (das Öperchen, die Operette entstand ja erst später). Die Oper war damals in Deutschland noch keine akzeptierte Kunstform, sondern galt als Tändelei der grossen, ausländischen Höfe. (Mit denen mitzuhalten nur schon der Kosten einer Aufführung wegen deutschen Höfen oder Städten unmöglich war.) Wieland bricht eine Lanze fürs Singspiel, indem er darauf verweist, dass im Grunde genommen die Kosten für eine Opern-Aufführung nicht grösser sein müssten als die für ein Sprechstück. Wieland selber hat ja Libretti für mehrere Opern geschrieben. Die meisten davon wurden in Weimar uraufgeführt. Nur Rosemunde wurde 1779 in Mannheim uraufgeführt – im Beisein des Librettisten. Was Wieland am dortigen Theater erlebte, ist dann auch ins Dritte Buch der Geschichte der Abderiten eingeflossen. Davon abgesehen, sind diese Libretti, was Libretti eben so sind – ohne die zugehörige Musik einigermassen uninteressant.

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