Wir feiern unseren 2. und Georg Büchners 200. Geburtstag

Nein, es war keineswegs Absicht, dass wir 2011 den Starttermin unseres Blogs auf Büchners Geburtstag legten. (Eigentlich war es ja auch nie unsere Absicht, einen Blog ins Leben zu rufen…)

Beginnen wir – die Gesetze der Höflichkeit missachtend – mit uns. Das zweite Jahr unseres Blogs hat die Akzentuierungen des ersten Jahrs weiter fortgesetzt. Schon 2011/2012 zeichnete sich ab, dass die ersten drei Einträge (zu Jean Paul, Walt Whitman und Dylan Thomas) in vielem untypisch waren. Jean Paul zwar zieht sich weiter wie ein roter Faden durch unsere Lektüre. (Ein besseres Bild, um aber im seemännischen Bereich zu bleiben, wäre wohl, dass Jean Paul einer der Leuchttürme ist, an denen wir uns immer wieder orientieren.) Aber ansonsten haben von den mittlerweile fast 300 Beiträgen die zur deutschen Literatur (der wir auch von Österrreichern oder Schweizern geschriebene Texte zurechnen), zu Romanen und zur Philosophie die Oberhand gewonnen.

Zwischendurch haben uns auch andere Blogs ihre Aufmerksamkeit gewidmet. So sind wir anfangs 2013 in der Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“ der Berlinerin Gesine von Prittwitz aufgetaucht, die dann Mitte Jahr rückfällig wurde, und uns in ihrer neuen Reihe „Steglitz stellt Buchhändler/innen vor“ unsere unmassgebliche Meinung zum stationären Buchhandel kundtun liess. Diese Aufmerksamkeit hat in der Zwischenzeit beträchtlich nachgelassen, uns aber doch einige Klicks beschert.

Und nun zum andern, bedeutend grösseren und wichtigeren Geburtstagskind: Georg Büchner. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass wir bis heute Büchner kein einziges Mal in unsern Beiträgen erwähnt haben. Dabei ist die Geschichte des armen Soldaten Woyzeck bis heute ein regelmässig gespieltes Stück auf den deutschsprachigen Bühnen. Obwohl die Geschichte als solches äusserst zeitgebunden ist (man könnte heute keine Soldaten mehr so behandeln, wie Woyzeck bei Büchner behandelt wird), bietet die Figur des malträtierten Woyzeck ungeheuer viele Identifikations- und Interpretationsmöglichkeiten. Noch lieber ist mir persönlich allerdings jener andere Malträtierte, Lenz. Eine Novelle? Ein Fragment? Wir wissen es nicht. Aber die Erzählung um den sich rapide verschlechternden Gesundheitszustand von Jakob Michael Reinhold Lenz ist mit einer derartigen Verve und einer klugen Innensicht geschrieben, wie es erst wieder der Expressionismus zu Stande gebracht hat. Und was die Sprache betrifft, ziehe ich Büchner jederzeit vor. Last but not least möchte ich Leonce und Lena erwähnen, das Stück, das unter der Maske eines harmlosen Lustspiels daherkommt, aber politische Satire vom Feinsten darstellt. Absurd und anarchisch bis ins Mark – kein Wunder, dauerte es fast 100 Jahre, bis es zum ersten Mal aufgeführt werden konnte.

Fazit: Man sollte weniger Büchner-Preis-Träger und mehr Büchner lesen…

3 Replies to “Wir feiern unseren 2. und Georg Büchners 200. Geburtstag”

  1. Irgendwann, in Prä-litteratur-Zeiten hatte ich eine Leserunde zum gesamten Büchner vorgeschlagen. Das könnte oder sollte nachgeholt werden – denn wie du sagst: Lesenswert, äußerst lesenswert. Und: So ganz sicher bin ich mir nicht bezüglich der Behandlung von Soldaten. Da weiß ich doch selbst auch einiges, wenn auch nicht wirklich Büchnereskes zu erzählten.

    sb

    1. Was die Soldaten betrifft, hast Du natürlich teilweise Recht. Entwürdigende und unmenschliche Behandlung von Soldaten durch die eigenen Vorgesetzten kommt auch heute noch vor. Aber Soldaten quasi als Labormäuse, schlimmer behandelt, als es heute das Tierschutzgesetz für die Mäuse erlauben würde, dazu vom Vorgesetzten persönlich erniedrigt … Das ist starker Toback, und läuft heute jedenfalls subtiler ab. (Obwohl man durchaus argumentieren kann, dass subtile, psychische Grausamkeit grausamer ist als rohe, physische. Abgesehen davon, dass das Ausspannen der Geliebten psychische Grausamkeit ist.)

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