Briefe von und an Hegel. Dokumente und Materialien zur Biografie

Herausgegeben von Friedhelm Nicolin. Hamburg: Felix Meiner, 3. völlig neu bearbeitete Auflage 1977. (= Philosophische Bibliothek 238a). Das Buch stammt bereits aus einer Zeit, als man seine Klassiker zwar noch in Leinen mit Fadenheftung gebunden, aber schon nicht mehr mit farbigem Oberschnitt versehen hat, und als ein Lesebändchen noch nicht als nec plus ultra der Buchausstattung galt.

Die dritte Auflage der Dokumente und Materialien wurde völlig neu gestaltet, was u.a. dazu führte, dass dieser Band zu umfangreich wurde und in a und b gesplittet werden musste. Der ursprüngliche Herausgeber, Johannes Hoffmeister, war längst verstorben, und so übernahm Friedhelm Nicolin diesen Job. In seinem Vorwort bedauert er übrigens explizit die Tatsache, dass die einmal eingeführten Editions-Prinzipien des Briefwechsels ihn dazu verurteilten, das Deutsch der Texte zu normalisieren und modernisieren – ein Bedauern, das der Leser des 21. Jahrhunderts teilt. (Nicolin modernisiert dann auch nicht ganz alle Texte: Solche, die noch vor Hegels Lebenszeit entstanden sind, lässt er unangetastet, so z.B. verschiedene Kirchenbucheinträge oder eine ältere Beschreibung des Hegel’schen Familienwappens.)

Wir finden also in Band IVa Folgendes:

Lebensdokumente // Stammbucheintragungen und Widmungen // Atteste und Empfehlungen // Haushaltbücher und Quittungen // Über Hegels Sohn Ludwig Fischer

Nicht alles ist dem Non-Aficionado von gleichem Interesse. Was interessiert, sind vor allem jene Texte, die die allgemeinen Lebensumstände der gebildeten, langsam nach vorne drängenden Mittelschicht erleuchten. Wir finden in diesem Band Schulzeugnisse des jungen Hegel aus Stuttgart und Tübingen (meist Einser oder Zweien), Hegel in Tübingen als Subskribenten – einer Gedichtausgabe eines heute unbekannten Conz (1792), aber auch einer Plutarch-Ausgabe (1791). Beide Male finden wir auch Hölderlin auf der Liste. Der sechste und letzte Band der Plutarch-Ausgabe erschien erst 1804. Sie befand sich bei Hegels Tod noch in seinem Besitz. 1795 finden wir Hegel unter den Berner Subskribenten von Schillers Horen, wie die am Ende des ersten Jahrgangs gelieferte Liste zeigt. Einen auf Französisch geschriebenen Pass des Hofmeisters Hegel von Frankfurt nach Mainz – Mainz war zu jener Zeit gerade von den Franzosen besetzt worden. Ernennungen Hegels (u.a. zum ausserordentlichen Professor in Jena – signiert von Karl August, wofür er noch Gebühren zu zahlen hatte! – und zum Rektor des Nürnberger Gymnasiums), ebenso wie seine Heiratserlaubnis (das gab es damals noch!). Hegels Ankündigungen in den Vorlesungs-Verzeichnissen von Jena, Heidelberg und Berlin. Unter den Hörer-Zulassungsscheinen Hegels ist der einzige heute bekannte Name der von David Friedrich Strauß. Dann sind da verschiedene Verlagsverträge. Die prominentesten Empfänger von Stammbucheintragungen Hegels wiederum sind Goethe und Varnhagen von Ense.

Wer vieles bringt, wird allen etwas bringen. Das gilt zwar hier nur bedingt, aber summa summarum muss man feststellen, dass auch hier gilt, was wohl für jede Dokumentensammlung gilt: Die persönlichen Dokumente eines Menschen über sein Leben lang gesammelt und chronologisch vorgestellt, bringen allemal den einen oder andern Hinweis auf die Lebensumstände der Zeit und der Schicht, der dieser Mensch angehört hatte. Klug kommentiert (was sie hier sind) ergeben sie sogar eine Art Biografie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert