Shlomo Sand: Die Erfindung des Landes Israel

Man kann diesem ausnehmend informativen und klugen Buch nur viele Leser wünschen – vor allem und besonders in Israel. Allerdings wird dort Shlomo Sand als Nestbeschmutzer betrachtet, wie das oft mit jenen zu geschehen pflegt, die sich dem allgemein anerkannten und nicht weiter hinterfragten Narrativ zu widersetzen versuchen. Wie schon in seinem letzten Buch, in…

Henry Picker: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier

Diese Gespräche wurden 1941/42 auf Wunsch der Nationalsozialisten stenographisch notiert und später ausgearbeitet, wobei man sich bemühte, relativ nah am Sprachduktus Hitlers zu bleiben. Sie umfassen militärische und politische Belange ebenso wie seine Ansichten über Kunst, Erziehung, die Frauenfrage oder über die ihn ständige umtreibende Problematik der „Rassenkunde“. Ich bin wahrscheinlich nicht der erste, der…

Svetlana A. Aleksievic: Die letzten Zeugen. Kinder im Zweiten Weltkrieg

Nach dem ich die letzte Seite dieses Buches gelesen hatte war ich erleichtert: Diese fortgesetzten Ungeheuerlichkeiten waren nur schwer zur ertragen. Vielleicht auch deshalb, weil meine beiden Kinder genau so alt sind wie jene, von denen hier erzählt wird – besser: Die hier – 60 Jahre später – von ihrem Kindsein erzählen. Auf 320 Seiten…

Wassilij Grossman: Leben und Schicksal

Grossman hat sein Manuskript – einigermaßen naiv – bei einer sowjetischen Literaturzeitschrift eingereicht. Und erfuhr später, nachdem seine Wohnung durchsucht und alle mit dem Roman in Zusammenhang stehenden Notizen und Schriften konfisziert worden waren, dass „Leben und Schicksal“ frühesten in 200 – 300 Jahren würde erscheinen können. Das nun wieder war von staatlicher Seite ebenso…

Sarah Bakewell: Das Café der Existenzialisten. Freiheit, Sein und Aprikosencocktails

Halb Philosophiegeschichte, halb (Mehrfach-)Biografie, stellt Sarah Bakewells Buch das Entstehen und Vergehen der existenzialistischen Bewegung dar. Es fehlen auch romanhaft-reisserische Momente nicht, so, wenn zum Beispiel die Rettung (fast des ganzen) Nachlasses von Edmund Husserl durch die Universität Löwen geschildert wird. Im Zentrum der Darstellung stehen die französischen Existenzialisten, allen voran Jean-Paul Sartre und Simone…

J. G. Ballard: Empire of the Sun [Das Reich der Sonne]

Bei der Lektüre von Empire of the Sun wird man viele Parallelen feststellen zwischen den Erlebnissen von Jim, dem am Anfang des Romans etwa 12 Jahre alten Protagonisten des Romans, und dem Leben von Ballard, dem Autor: Jim wie Ballard sind in Shanghai aufgewachsen als Sohn eines britischen Expat, der dort in der Ausländer-Kolonie lebte….

Patrick Leigh Fermor: Roumeli

Ursprünglich war wohl angedacht, dass Patrick Leigh Fermor nach seinem Buch über Mani weitere Bücher über weitere Regionen Griechenlands schreiben wollte. Doch das zweite schon, das hier vorliegende über Roumeli, blieb das letzte. Und es sollte erst acht Jahre später erscheinen als Mani, nämlich 1966. Am Autor kann es nicht gelegen haben; Fermor starb erst…

Svetlana A. Aleksievic: Im Banne des Todes

Viele dieser Geschichten haben Aufnahme in den Band „Secondhand-Zeit gefunden, weshalb ich mit Fug und Recht auf diese Besprechung verweisen kann. Das, was die einzelnen Kapitel von „Im Banne des Todes“ zusammenhält, ist der Bezug zum Selbstmord: Dem versuchten, von dem die Überlebenden erzählen, dem von Angehörigen, von Freunden, Bekannten. Und es scheint eine spezifische…

Svetlana A. Aleksievic: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht

Ob der Krieg tatsächlich spezifisch männlich ist (was man aufgrund der Geschichte, auch der Evolution vermuten könnte) – oder ob er auch Frauen in seinen Bann zieht (was ich für nicht ganz ausgeschlossen halte), sei einmal dahingestellt. Ebenso die Frage nach der Existenz weiblicher oder männlicher Prinzipien, die je nach Geschlecht oder Geschlechterrolle unterschiedlich beantwortet…

Peter Longerich: Hitler

Wer eine herkömmliche Biographie erwartet, wird hier wohl enttäuscht werden: Es ist vielmehr eine historische Darstellung des Nationalsozialismus, seiner Anfänge, der Machtübernahme nebst Errichtung einer Diktatur und der Weg in den Krieg bzw. Untergang. Aber es ist keine psychologische Studie, kein Bemühen um den „privaten“ Hitler (den es ohnehin kaum gegeben hat) und nur implizit…